Michael Mansion - Kolumne: Mansion merkt an

Reden wir über Postdemokratie
Günter Scholdt
Eine Rezension von Michael Mansion

Nein, – ein Polterer ist der Autor nicht und das passt auch nicht zu ihm, aber diesmal wird er bereits auf den ersten der 94 Seiten des kleinen Buches deutlich.
„Was zum Teufel ist hierzulande eigentlich los“, heißt es gleich in der vierten Zeile und er zählt einige der zurzeit wohl bedrückendsten Absonderlichkeiten der offiziell vordringlichsten politischen Richtlinien auf.

Zugleich werde gegen Meinungsminderheiten mobilisiert. Ein linksgrüner, utopistischer Meinungszwang, der sich mit eurokratischer und atlantischer Anmaßung paart, verenge zunehmend den Meinungskorridor.

Zivilreligiöse Denkverbote und ein Tugendterror verbinden sich mit sprachpolitischer Gehirnwäsche und rechtsstaatlichen Verlusten.
Die mangelnde Scheu, hier eine zivilgesellschaftlich denunziatorische Lawine loszutreten, sei empörend.

Da kann der Autor sicher sein, dass ihm bereits nach diesen Zeilen eine Verortung als Rechtsaußen sicher ist, aber da er was vom Fußball versteht, wird ihn das kaum merklich grämen, zumal eine solchermaßen idiotische Anschuldigung auf peinlich recherchierte Hinweise trifft, die sich auch sonst wo nachlesen lassen.

Die Faktensammlung ist dabei beträchtlich und steht in krassem Gegensatz zur dreisten Mediokratie einer fortlaufenden Desinformation.
Wer hätte schließlich auch gedacht, dass wir mal wieder eine „Kriegspropaganda-Welle vom Kindergarten bis zum Parlament“ erleben?
Die Regierung verheere Währung und Wirtschaft durch sklavische Befolgung von Globalagenden, gepaart mit einer höchst risikoreichen Sanktions- und Militärpolitik.

Der Autor argumentiert hier ähnlich, wie eine Reihe seiner Kollegen aus dem Umfeld der Wissenschaft. Wie wir jedoch gelernt haben, bietet dieses Umfeld längst keinen Schutz mehr.

Gefähliches Terrain: Das Diskursfeld

Das ganze Diskursfeld ist vermint durch die Vernebelung und Umdeutung von bislang für sicher gehaltenen Begrifflichkeiten.
Nichts ist mehr sicher,- nicht links, nicht rechts, nicht Volk und nicht Volksherrschaft. Die bunte Republik gibt sich divers in jeder Hinsicht und verhilft der Naivität zu Staatsrang.

Scholdt erinnert an das Grundprinzip von Volksherrschaft, wo zwischen Herrschaft und Beherrschten wenigstens die Grundüberzeugungen übereinstimmen sollten.

Stimmabgaben alle vier Jahre seien allenfalls so etwas wie von kurzfristigen Ereignissen abhängige Stimmungsbilder bzw. der verzweifelte Versuch, wenigstens dem absolut Verhassten zu entgehen.

Multimiliardäre und der Volkswillen

Die aktuell von Multimilliardären und Lobbyisten getragenen Globalagenden werden dreist als Volkswillen ausgegeben und regierungsamtliche Euphemismen wie die „Impfbereitschaft der Mehrheit“ setzen auf Daumenschrauben und Diskriminierung.
Interessant sei viel eher, was nicht zur Wahl stehe. Etwa eine wirkungsvolle Mitsprache wie in der Schweiz. Bundes- oder Ministerpräsidenten direkt zu wählen habe eine ähnlich geringe Chance wie eine Abstimmung über die Europa-Verträge, zu denen es wenigstens in Dänemark, den Niederlanden und in Italien ein Referendum gegeben habe.

Auch der linguistische Unfug des Genderns sei per Abstimmung kaum durchsetzbar und die sogenannte degressive Proportionalität für die Wahlen zum Europa-Parlament setzt die Gleichwertigkeit jeder Stimme außer Kraft.

Die quasi weisungsfreie Europäische Kommission regele derweil 98{18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} ihrer Entscheidungen fernab jeglicher Öffentlichkeit im Umlaufverfahren.
Gänzlich inakzeptabel sei die Kumpanei der öffentlich-rechtlichen Medien mit der politischen Klasse.

Dies tangiere das Recht auf ungefilterte Informationen.

Zu fragen sei auch, ob die Zusammensetzung unserer Parlamente die Bevölkerung hinsichtlich ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung angemessen repräsentiere, denn dies sei ganz offensichtlich nicht der Fall.

Der Autor bezweifelt, dass es bei einer anderen Zusammensetzung zu Lockdowns gekommen wäre. Auch einige Utopieprojekte aus dem Bereich der „Gesinnungsindustrie“, wie etwa Queer-Toiletten oder die über Jahre erforderliche, ICE-Trassen verhindernde Umsiedlung von Zauneidechsen, wäre wohl zu verhindern gewesen.

Scholdt wirft im Folgenden eine ganze Reihe von bangen Fragen auf, die vom Volkswillen bis zum Fraktionszwang reichen.

Sie alle sind geeignet, das Prinzip Demokratie kritisch zu reflektieren und den aktuellen Zustand zu hinterfragen. Das ist das Ziel des Autors!
Die aktuelle Parteiendominanz vertrage sich nämlich nicht mit einer Volksdemokratie. Die Parteien betrachten zunehmend den Staat als Beute.
Verdeckte Parteienfinanzierung laufe im zehnstelligen Bereich. Alleine die Stiftungen subventioniere der Staat jährlich mit 300 Mill. für die Bundestagsparteien. Allerdings nur diejenigen, welche von der Herrschaftsclique für „sauber“ befunden wurden.

Ein Berater-Lobbyisten-Unwesen ergebe sich aus Verschränkungen von Politik und Industrie. Zugleich sei eine wissenschaftskorrumpierende Tendenz auszumachen.

In der Informationspolitik dominiere eine Kumpanei der Leitmedien mit der Regierung.

Im Hinblick auf eine neue Oppositionspartei habe sich gezeigt, dass jegliche demokratische Gelassenheit gefehlt habe und die politmediale Klasse mit Militanz reagiere.

Scholdt zitiert den britischen Politologen Colin Crouch hinsichtlich dessen Einschätzung einer gestörten Demokratie. Crouch sieht hier eine nachhaltige Störung zwischen Volk und Eliten.

Dagegen spreche zwar Paul Noltes Theorie von einer Bewegungsdemokratie, was – so der Autor – der aktuellen Lage aber nicht gerecht werde, da wir in atemberaubender Geschwindigkeit die weitgehende Entmündigung des Souverän durch geschickt operierende Netzwerke erleben.

EU: Das Einmischen in innere Angelegenheiten

Hinzu komme, dass mittlerweile 80{18423f3510016d69a38748c31b9d3c63e55e56caeb597c341a8ea176480d5299} unserer zuvor nationalen Gesetze und Entscheidungen über die EU initiiert werden, die sich rigoros in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einmische. Dazu passe das EU-Sponsoring zugunsten konformer Zeitungen. Der Spiegel, einst selbst ernanntes Sturmgeschütz der Demokratie, stehe derweil auf der Lohnliste von Bill Gates zwecks „Festigung des investigativen Journalismus“.

Scholdt fragt, was amerikanische Milliardäre eigentlich dazu bringe, gesellschaftliche Ziele zu fixieren, die man zuvor von Marxisten oder aktuell von Grünen erwartet hätte und gibt zu bedenken, dass das humanitäre Engagement der Global-Philanthropen gelegentlich mit einem gigantischen Reibach korrespondiert und er nennt Zahlen.

Aristrokatie wie im Feudalismus

Der Autor spricht von einer neuen Aristokratie, gestützt auf Parteibücher, Finanz- und Medienmacht, sowie mit diversen Netzwerken eng verflochten, wie einst im Feudalismus.

Den Hochadel bilden die Regierungsmitglieder, EU-Kommissare, sowie Medien und Finanz-Potentate.

Der Hofstaat setzt sich dann aus Helfern und Profiteuren zusammen, was selbst dem niederen Parteiadel einige Chancen einräume. Dies sei zugleich das Gegenteil von Volksherrschaft.

Scholdt spricht von „heimlicher Mitsprache globaler Kulissenschieber“ am Roulettetisch des Parteienkartells.
Schrecken breite sich (dort) aus, wenn in anderen europäischen Ländern mal „anders“ gewählt wird.

Scheindemokratische Entrüstung

Die pseudodemokratische Schwundstufe reklamiere Alternativlosigkeit im Oberton moralischer Entrüstung als Abwehr einer „antidemokratischen Verschwörung Ewiggestriger“.

Es gehe darum, die gewünschte „Agenda des Fortschritts“ jeder ernsthaften Diskussion zu entziehen. Ergebnisoffene Debatten finden so gut wie nicht mehr statt. Es etabliere sich statt dessen eine Propagandakultur des guten Gewissens, flankiert von einer Unsummen verschlingenden universalistischen EU-Utopie.

Scholdt zitiert Peter Graf Kielmannsegg, der den fanatischen Löschzwang im Internet als „Schließung der Demokratie“ bezeichnet hatte.
Eine „Ewige Linke“ (E.Nolte) regeneriere sich in einer neuen (diesmal ökologischen) Weltordnung, wobei sie einen instinktlosen Schulterschluss mit den drahtziehenden Großkonzernen und Milliardären betreibe und dabei die Sympathie auch noch des letzten Arbeiters verliere.

Das ist eine ebenso harte wie kluge Linkskritik, da die aktuelle sogenannte Linke den ihrem Auftrag gemäßen herrschaftskritischen Standort längst geräumt hat.

Der „Nazi“ als Begrifflichkeit für abweichende Meinungen

Der inflationäre Begriff Nazi, sei zu einem Synonym für auch nur leicht abweichende Meinungen geworden. Das einzige noch zu billigende Weltbild sei das der einem fatalen Prinzip verfallenen Berliner Republik.

Der Autor verweist hier mit Recht auf das Versagen der Konservativen, die im Kielwasser eines Merkelismus eine ganze Reihe fragwürdiger Agenden durchgewunken haben. Ein verlässliches Bollwerk seien sie nicht gewesen.

Auch die christlichen Kirchen bedienen sich zunehmend der Selbstverleugnung, während couragierte Kabarettisten aus dem YouTube-Kanal verbannt werden, während ein Berufsraser wie Sebastian Vettel für Klimaschutz und Tempo 120 auf Autobahnen wirbt.

Scholdt sieht eine staatliche Erosion auf dem Vormarsch, die gelegentlich ins Groteske mündet und eine ständige Drohkulisse bereithält.

Demokratie als Fata Morgana der Verwirrung, wo das Wählervotum durch Selbstversorgung der Volksvertreter und Lobbyisten verfälscht wird und die Aktivitäten einiger Global Player auf eine feindliche Übernahme hinauslaufen.

Globalisierung und Meinungsfreiheit zusammen harmonisieren so wenig mit einem Wohlfahrtsstaat wie eine Masseneinwanderung.

Wenn dann die „sanften Mittel der Disziplinierung“ nicht mehr ausreichen, um eine demokratische Herrschaft weiter zu simulieren, dann setzt man auf disziplinierende Organe der Justiz, Polizei und den Verfassungsschutz als „Schwert und Schild“ der Postdemokratie.

Der Autor verweist auf die Notwendigkeit einer Definition, ab wann eine Gesellschaft sichtbar den Totalitarismus probt.

Rechnen wir also mit dem Schlimmsten und damit mit einer gewissen Zwangsläufigkeit mit einer strukturellen Neigung zur Dekadenz.

Der historische Rückblick enthülle leider, wie oft schon in der Antike die Volksherrschaften gescheitert sind. Auch die Moderne zeige ernüchternde Bilanzen.

Es sei – so der Autor – höchste Zeit, Illusionen über Bord zu werfen und sich über die gravierenden Mängel der Gesellschaft klar zu werden.
Das bloße Versprechen von demokratischen „Filets“ mache niemanden satt, wenn schließlich nur Knochen serviert werden.

Reden wir über Postdemokratie ist ein zorniger Weckruf an alle, die sich dem Prinzip Demokratie verpflichtet fühlen!
Mit 94 Seiten komprimierter Information und einer ganzen Menge an historischen Verweisen, ist das kleine Buch eine famose Quelle für gute Argumente in schwierigen Zeiten.

Zudem steht es für die Hoffnung, dass es zunehmend Intellektuelle gibt, die sich nicht einschüchtern lassen und aus der Deckung wagen. Eine Übung, die dem Autor sehr geläufig ist.


Reden wir über Postdemokratie
Günter Scholdt (Hier bestellen.)
Freilich-Verlag / 94 Seiten
ISBN 978-3-9505285-0-3