
Meine wichtigsten Punkte zur „Gendergerechten Sprache“ habe ich in der Hauptsache den Ausführungen von Daniel Scholten entnommen. Scholten befasst sich grundsätzlich mit der Entwicklung der Sprache seit den letzten 10.000 Jahren…
„Eingedampft“ auf wenige Sätze ergeben sich für mich folgende Punkte:
- Die „Logik des Denkens“ und die „Logik der Sprache“ sind im menschlichen Gehirn an zwei verschiedenen Orten lokalisiert. Die Logik des Denkens findet in der Grosshirnrinde und Schläfen-/Frontal-Lappen statt, während das Sprachzentrum im inneren Bereich des Gehirns seinen Sitz hat.Diese „Unabhängigkeit“ ist Voraussetzung für das Erlernen des Sprechens. Denn der junge Mensch kann einerseits (späteres) logisches Denken nur über die sprachliche Kommunikation erwerben. Andererseits kann er nicht sprechen lernen, würde dies über die „Denk-Logik“ erfolgen. Denn welche „verstandesmässige“ Logik beispielsweise soll uns „verstehen lassen„, warum es in der Konjugation sogenannte „schwache“ und „starke“ Verben gibt?„glauben – glaubte – geglaubt“ gegenüber „springen – sprang – gesprungen“?Müsste ein dreijähriges Kleinkind erst per Verstand die Regeln wissen, wann stark und wann schwach gebeugt wird, bevor es mit Sprechen beginnt, würde es niemals sprechen können.Also: Das sogenannte „Sprachzentrum“ im Gehirn ist eine Instanz mit einer ihr eigenen Logik.
- Die „Logik des Sprachzentrums“ ist deshalb noch lange nicht „unlogisch“ – es ist nur eine „eigene Logik“. Die wiederum sehr viel mit Sprachökonomie zu tun hat.Ein Beispiel dieser Ökonomie: Sagt jemand: „Alle Besucher müssen das Gebäude verlassen!“ springt das Verständnis automatisch auf den Inhalt „alle raus hier„.
Heisst es dagegen. „Alle Besucher und Besucherinnen müssen das Gebäude verlassen!„ springt das Verständnis automatisch auf die Unterscheidung von „Besucher und Besucherinnen“. Im Sinne von: „Warum wird nach Geschlechtern unterschieden?“ und die Aufmerksamkeit geht weg von „alle raus hier“. Das ist aber in einem Notfall nicht sehr hilfreich.Die Logik des Denkens hat in diesem Sinne keinen direkten Zugang zur Logik des Sprechens. Alle Gendersprech-Umerziehungsmassnahmen MÜSSEN damit scheitern. - Die Benennung der verschiedenen Genera in „Maskulinum, Femininum, Neutrum“ ist eine Schubladisierung der deutschen Philologen des 18. Jahrhunderts. Vorher hat das keine Sau interessiert. Und die Sprachpfuscher der 1970er Jahre haben dann erst diese Benennung „sexualisiert“. Die Benennungen „Maskulinum, Femininum, Neutrum“ sind ursprünglich rein akademisch ohne Bezug zur Sexualität.
Genauso wie beispielsweise die Benennung des Elementarteilchens „Elektron“ eine rein akademische ist. Denn „elektron“ ηλεκτρον als griechisches Ursprungswort heisst nichts anderes als „Bernstein“. Würde irgendein Physiker heute bemäkeln, dass „ein Bernstein ja gar keinen Platz im Atom haben kann“? Nein, das wäre ja das Lächerlichste, was man sich in der Wissenschaft vorstellen könnte.Hätten die Philologen damals die Bezeichnungen „Tick, Trick und Track“ oder „Huey, Dewey, and Louie“ für die Genus-Typen gewählt, hätten wir keine Gendersprech-Debatte. Und Louise F. Pusch wäre ein gesellschaftlicher Nobody geblieben. - Ursprünglich gab es nur 2 Genus-Typen: der eine Typ für jene Entitäten, die etwas bewirken konnten und der andere für Entitäten, die selbst nicht handlungsfähig waren. Es sind das die Typen, die später die „akademische“ Bezeichnung „Maskulinum“ und „Neutrum“ erhielten. Das Femininum war eine spätere „Kunstform“ als Ehren-Bezeichnung für weibliche Menschen und für die Form der Bezeichnung wurde die Puralform der Neutra „ausgeliehen“.
Damit galt weiter: Bei Menschen gibt es EINEN Standard-Genus für alle Menschen, sowohl männlicher als weiblicher Biologie. Oder anders gesagt:
„Beim Maskulinum sind Männer immer mitgemeint. Und Frauen sind auch immer mitgemeint. Beim Femininum sind NUR Frauen gemeint.“
Dies als meine „Kürzest-Erklärung“; sicher kann darüber hinaus ein komplettes Gebäude umschrieben werden, so wie es Tomas Kubelik bereits in seinem Buch getan hat.
Weitere Artikel zum Thema:
Hervorragende Ausarbeitung zum „generischen Maskulinum“
Linktipp: Aranitas Gedanken – Warum Gendern diskriminiert
Und im pelzblog:
Genus – Warum die ganze Genderei Murks ist.
Hier gibt es auch ein sehr interessantes Video.
Blog Comments
Masochist
20. Juni 2015 at 16:48
Die Gender-Sprache folgt schlicht der Genese anderer Gesellschaftsprojekte der Gender-Ideologie: Es wird künstlich ein Problem konstruiert, das vorher weder irgendwem aufgefallen war noch durch schlüssige Argumentation zu belegen ist. Zu dessen Erforschung und Behebung bietet man dann seine Arbeitskraft an. Die Konstruktion des Problems ist von vornherein so angelegt, dass jeder, der den Bedarf dieses Einsatzes infrage stellt, mit einem sozialen Makel versehen werden kann, im Allgemeinen der „Diskriminierung“. Lebendes Beispiel dieses Vorgehens und der damit verbundenen Existenzsicherung ist die Professorin Anje Hornscheidt, die Gender-Sprache in ihrer öffentlich alimentierten Hauptfunktion auf ein neues Niveau zu treiben sucht.
Das „Problem“ ist in dem Fall, dass das Genus der Sprache nicht in jedem Fall dem bezeichneten natürlichen Sexus entspricht. Soweit selbstverständlich, für jeden, der mal eine Sprache gelernt hat. Sexus ist immer nur eines von vielen Argumenten in der historischen Sprachentwicklung, um ein Genus zu bestimmen. Wie Sie schon sagten, wird es gerade im Plural von Gründen der Sprachökonomie verdrängt. Das Deutsche hat das Generische Maskulinum dazu entwickelt. Damit hatte natürliche Sprachentwicklung längst gelöst, was später Dummköpfe, die offensichtlich ihre Muttersprache nicht beherrschen, mit Binnen-I und X-en nochmal zu lösen behaupteten: Wie drücke ich sprachökonomisch günstig den Umstand aus, dass Männer und Frauen gemeint sind? Und wenn mir das nicht reicht: wie mache ich das für 4000 andere Geschlechter ebenso? Selbst für solche Spielereien bietet das Generische Maskulinum die Lösung. Denn wenn eines nicht damit gemeint ist, dann ausdrücklich nur Männer. Die feministischen und genderistischen Sprachkonstrukteure müssten eigentlich im Siebten Himmel schweben, hätten sie nur einen besseren Deutschlehrer gehabt.
Wie engagiert man in diesen Kreisen sprachliche Probleme ein zweites Mal löst, zeigt am schönsten das Wort „Studierende“. Als vollkommener Offenbarungseid vor ausländischen Gästen, die möglicherweise sowohl Deutsch als Fremdsprache – also richtig – erlernt haben, als auch eine humanistische Ausbildung genossen haben, wird das deutsche Partizip eines lateinischen Partizips weithin sichtbar in großen Lettern auf Gebäude wie den „Studierendenwerken“ angebracht.
Ich möchte folgendes Experiment vorschlagen: Eine Expedition deutscher Anthropologen, Ethnologen, Etymologen und Gender-„Wissenschaftlern“ macht sich auf ins Amazonasdelta, oder wo auch immer sie ein Naturvolk findet, dem das Wesen und die Bezeichnung eines „Studenten“ noch fremd ist. Diesen Menschen bietet man dann das deutsche Wort „Studierende“ für diese soziale Rolle an – nicht ohne den Hinweis, dass ein Junge ein „Studierender“ und ein Mädchen eine „Studierende“ ist. Dann brauchen wir nur noch abzuwarten, bis dieses Naturvolk eine eigene Gender-Bewegung entwickelt. Mal sehen, wie sie in ihrer Sprache ein Partizip bilden! Dieses menschenmögliche Maximum politischer Korrektheit können wir per Dekret für unsere sprachlich defizitären „Studierendenwerke“ übernehmen.
Wolle Pelz
20. Juni 2015 at 21:01
Schreib mal einen Gastartikel, bitte. 😉
Wir sollten mal eine Reihe zur Sprache machen.
quellwerk
22. Juni 2015 at 13:47
@Masochist
„Mal sehen, wie sie in ihrer Sprache ein Partizip bilden! “
Einfach durch Anhängen?
Statt studierender Student:
Ein studierenderierender Studierender.
Statt studierende Studentin
Eine studierendeierende Studierende.
Wenn man studierende Studierende schriebe, würde sich das Partizip aus Student bilden, also in Erinnerung rufen, dass es den Essentialismus „Student/Studentin“ gibt, von dem man ja wegkommen möchte.
quellwerk
20. Juni 2015 at 15:22
„Alle Gendersprech-Umerziehungsmassnahmen MÜSSEN damit scheitern“
Dann hoffen wir mal, das das Logikzentrum im Gehirn unbeeinflusst bleibt. Vermutlich stimmt es aber, wenn man sich ansieht, wie schnell der DDR-Jargon von der Bildfläche verschwunden ist. Veränderung der Sprache ist ein Instrument autoritärer Systeme.
kardamom
20. Juni 2015 at 15:40
„Dann hoffen wir mal, das das Logikzentrum im Gehirn unbeeinflusst bleibt.“
Achtung: Das Logikzentrum, das wir normalerweise mit Logik verbinden, ist kein Zentrum, sondern der Aussenbereich des menschlichen Hirns. Hirnrinde/Schläfenlappen.
Das Sprachzentrum lässt sich von dem beeinflussen, was nach „seiner Logik“ sinnvoll ist. Zum Beispiel das Wort „Handy“ für Mobiltelephon, was ja nachweislich eine „deutsche“ Eigenkreation ist. Im Englischen heisst das nicht so. Aber das Wort ist so verdammt „sprachökönomisch“, dass es bleiben wird.
„Schutzwall“ ist nicht sprachökonomisch; „Mauer“ dagegen schon. „Antifaschistischer Schutzwall“ erst recht nicht.
„Bürger- und Bürgerinnenmeister und Bürger- und Bürgerinnenmeisterinnen“ ist nicht sprachökonomisch. Das kommt noch nicht mal an im Sprachzentrum. Da müssen selbst die Feministen sich jedes mal erst zwingen, dieses SO zu formulieren.