Michael Mansion - Kolumne: Mansion merkt an

Die Zersetzung der Realität
oder die Durchsetzung sektenhafter Sonderwahrheiten als Agenda einer neuen Wirklichkeit.
von Michael Mansion

Hinsichtlich der unterschiedlichen gesellschaftlichen Kategorien sind die handelnden Subjekte auf eine verlässliche Übereinkunft zu einer Verständigung über diese angewiesen.
Die hierzu in Anwendung gebrachte Sprache bedient sich hierzu einer historischen Begriffskultur, welche für die Sicherheit eines unmissverständlichen Diskurses unumgänglich ist.

Dies betrifft die zentralen Begrifflichkeiten der politischen Theorie in besonderem Maße, da sie Positionierungen festlegen, welche zugleich eine ganz wesentliche Aussage zu einem Werteverständnis sind, welches nicht durchgängig stringent, jedoch keinesfalls beliebig angelegt ist.

Links-Rechts-Begriffskultur

Eine Störung der Begriffskultur, wie sie seit Jahrzehnten zu beobachten ist, hat dazu geführt, dass die klassische Links-Rechts-Kategorisierung aus ihrer historischen Substanz herausgelöst wurde.

Das ehemals klassische und sich auf den Marxismus berufende Linkssein, ist in der aktuell beobachtbaren Form eine ökologisch formierte, vornehmlich bildungsbürgerlich strukturierte Reformbewegung ohne einen zentralen kritischen ökonomischen Ansatz und Anspruch.

Eine ökonomiekritische Linke ist zwar auch weiterhin (marginal) vorhanden, jedoch völlig außerstande, irgendeinen Einfluss geltend machen zu können.

Neo-Linke – ein Begriff im Meinungskorridor und klassische Rechte

Hierzu gehört die Einsicht, dass sie sich (von wenigen Ausnahmen abgesehen) in den aktuell meinungsbestimmenden Fragen mehrheitlich ähnlich äußert, wie die mittelständische Neo-Linke.

Wenn man bei diesem Begriff bleiben will, so ist es ihr gelungen, durch eine Meinungsführerschaft in den Leitmedien, einem Meinungskorridor Geltung zu verschaffen, der konservative oder vermeintlich konservative Positionen grundsätzlich als politisch rechts verortet, womit zugleich eine wesentliche Problematik in den Vordergrund rückt.

Diese besteht darin, dass die klassischen „Rechten“ in der Regel (in Deutschland) mit einer veritablen NS-Vergangenheit belastet, dieses Problem biologisch gelöst haben. Es gibt sie einfach nicht mehr.

War ihre Kenntlichmachung in der Nachkriegs-BRD zweifellos eine Notwendigkeit, so verwundert der moralische Furor, mit dem ewige Wiedergänger vor einem Hintergrund erzeugt werden, dem hierzu jede Substanz fehlt.

Vielmehr scheint die aktuell zur Schau gestellte Faschismus-Hysterie, mit der jeglicher unliebsamen Kritik begegnet wird, eher so etwas wie ein Flankenschutz zum Erhalt der Meinungsführerschaft zu sein.

Die Oppositionspartei im erzeugten Meinungsbild

Der Umgang mit der einzig noch erkennbaren Oppositionspartei, ist dabei sehr aussagekräftig.
Aber auch unabhängig von dieser Partei, gilt im offiziell erzeugten Meinungsbild jeder auch vorsichtig vorgebrachte Widerspruch zu den diversen „Fortschrittsagenden“ als grundsätzlich rechts.

Dieses Rechtssein steht längst nicht mehr für einen nachweislich reaktionären Konservativismus, der unterstellt rückwärtsgewandte autoritäre Positionen bezieht.

Die Themen und die Freiheit der Wissenschaft

Von der fortlaufenden Euro-Rettung, einer nicht enden wollenden, vornehmlich muslimischen Migration, der Energiewende und der Elektromobilität oder auch den umfangreichen Waffenlieferungen an einen korrupten Oligarchenstaat bei gleichzeitiger Abkoppelung von preiswerten Zugängen zu dringend benötigter Energie, hatte bisher auch die Kritik aus Kreisen der Wissenschaft keine Chance, rechter Verortung zu entgehen.

Im Grunde wäre es ja die Aufgabe einer Linken, sich nicht nur konsequent für die Freiheit der Wissenschaft einzusetzen, sondern z. B. auch das globalistische Anliegen der EU-Eliten zu kritisieren.

Die Neo-Linke und die Nationalstaatlichket

Was aber geschieht? Die Neo-Linke beschwört mehrheitlich das Brüsseler Modell als kosmopolitische Alternative zur Nationalstaatlichkeit. Wo bleibt die Ökonomie-Kritik als einem ureigenen linken Anliegen angesichts einer Politik der heißlaufenden Gelddruckmaschine? Wie kann ein Linker auf die Idee kommen, dass sich eine vormoderne Herrschaftskultur mehr oder weniger nahtlos in eine säkulare Demokratie überführen lässt und warum zweifelt man in diesen Kreisen offensichtlich auch an der Anzahl der biologischen Geschlechter?

Eine darauf abstellende Gesellschaftskritik kommt fast ausschließlich aus den konservativen Lagern, die damit ja eigentlich in fremden Gewässern fahren.

Daran hat man sich bereits gewöhnt und das bedeutet zugleich, dass die Neo-Linke als wesentlicher Teil des auch von ihr erzeugten Problems reaktionär zu nennen ist.

Für das weitere Verständnis war der kleine Ausflug erforderlich, denn nur aufgrund dieser kuriosen Situation ist es überhaupt möglich, eine durchaus erkennbare Wirklichkeit, offiziell zu sektenhaften Sonderwahrheiten zu transponieren (Bettina Gruber1), welche, medial in Szene gesetzt, eine Agenda beschreiben.

Dabei werden diese Wirklichkeitskonstruktionen von wie immer auch privilegierten Minderheiten solchermaßen beworben, dass desorientierte Subjekte zurückbleiben, denen die Kraft fehlt, sich anders als nur mit sich selbst zu beschäftigen.


Die Auflösung der Geschlechter

Dabei ist die „Auflösung der Geschlechter“ die aktuell wohl kurioseste Agenda einiger exaltierter Kultus Designer.
Bettina Gruber spricht in diesem Zusammenhang (Tumult/Winter 2022) von einer Achsentheorie, welche zwischen äußerster Subjektivität und einem Objektivierungsanspruch oszilliert, der keine Abweichung von der reinen Lehre duldet.

In der nun (juristisch gesetzten) Möglichkeit, das eigene Geschlecht nach Belieben festzulegen, spiegele sich die Mystik eines radikalisierten Individualismus, perfekt kompatibel mit einer konsum- und selbstdarstellungsorientierten „Erlebnisgesellschaft“, in welcher (in diesem Falle das Geschlecht) wie ein Outfit gewechselt werden könne. Das sind Orwell’sche Zustände!

Bettina Gruber eröffnet hier einen Erkenntnisraum am Beispiel einer besonders kuriosen Grenzüberschreitung. Eine Erlebnisgesellschaft, in der sektenhafte Sonderwahrheiten einen quasi religiösen Rang beanspruchen und damit unantastbar werden.

Dies sei Teil eines postmodernen Denkens, welches systematische Widersprüche produziere, mit denen jede Auseinandersetzung in der Sache verunmöglicht wird.

Eine bedeutsame Grenze sieht sie dort überschritten, wo die Inthronisierung solcher Abweichungen von der Norm bei Widerspruch in Strafandrohungen münden, wie dies am Gender-Beispiel exemplarisch wird.

Bettina Gruber spricht von minoritären Wirklichkeitskonstruktionen (der herrschenden Eliten), denen man sich zu unterwerfen genötigt wird.
Dieser Anspruch sei seinem Wesen nach totalitär.

Gender-Problematik und Erderwärmung

Bezieht man diese Erkenntnis über die Gender-Problematik hinaus auf die aktuellen Agenden der politischen Klasse, dann eröffnen sich interessante Parallelen. Besonders deutlich lässt sich das in Bezug auf die zum Ordnungsprinzip erhobene (amtliche) Klimatheorie in Anwendung bringen.

Nach dieser ist das durch den Menschen erzeugte CO² alleine für die unterstellt dynamische Erderwärmung verantwortlich.
Da dies aufgrund der zahlreichen, das Weltklima bestimmenden Komponenten schon rein sachlich nicht der Fall sein kann, verwundert nicht zuletzt die Dienstfertigkeit des Bundes-Verfassungsgerichtes, welches die (einklagbare) Voraussetzung dafür geschaffen hat, eine ganze Reihe gesetzlicher Maßnahmen zu sanktionieren, die ausschließlich den CO²-Ausstoß im Auge haben (Stichwort: Klimaneutralität).

Unabhängig davon, dass der CO²-Anteil mit aktuell 420 ppm sehr niedrig ausfällt und für das Pflanzenwachstum (mit seiner zudem CO²-speichernden Funktion) unerlässlich ist, berücksichtigt diese Priorisierung andere Aspekte eines sinnvollen Umweltschutzes nicht oder nur begrenzt.

In einigen Fällen (exorbitantes Bevölkerungswachstum) werden sie sogar als rassistisch zurückgewiesen.
Auf dem Argumentationsindex stehen auch ganz sachliche Überlegungen etwa zu Verlauf und Abwicklung der Handelsketten, Just in Time, Retouren, oder eine (notwendig) forcierte Bautätigkeit vor dem Hintergrund der aus dem Ruder gelaufenen Migrationsbewegungen.

Es ist festzustellen, dass die Umweltdebatte eine singulare Ausrichtung auf das CO², das Kraftfahrzeug und den Fleischkonsum genommen hat, welcher mit dem keineswegs umweltfreundlichen Soya kompensiert werden soll.

Eine Katastrophe in den Medien

Die einzig logische Erkenntnis aus dem medial verbreiteten Katastrophenszenario und einer sich auf Straßen festklebenden „letzten Generation“, kann, so man das ernst nimmt, streng genommen nur ein völliger Ausstieg aus einer CO²-verursachenden Oxydationsökonomie sein und das heißt, einen Ausstieg aus der Industriegesellschaft mit allen daraus resultierenden Folgen.
Dass andere Länder das nicht tun werden, kann kein Hinderungsgrund sein, zumal wir gelernt haben, dass Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen muss.

Dass sich die Erde zum Ende der kleinen Eiszeit dennoch weiter erwärmen wird, während wir auf der Stufe eines Drittweltlandes angekommen sein werden, ist vermutlich schwer zu vermitteln.
Bettina Gruber zitiert Thomas S.Kuhn2 und seine Theorie, dass bestimmte Probleme nicht gelöst, sondern einfach fallen gelassen werden.
Das berechtige zu der Hoffnung, dass die absurde Sicht auf die Wirklichkeit eines Tages in der Versenkung verschwinden wird, weil die Agenden scheitern.

Allerdings fügt sie hinzu, dass es wohl nicht reichen wird, sich ausschließlich auf überkommene Positionen zurückzuziehen und dies deshalb, weil die Gesellschaft, die sie erzeugt habe, nicht mehr existiert.

Kultur der Vormoderne

Man kann auf fast allen gesellschaftlichen Ebenen eine forcierte Durchsetzung von Sonderwahrheiten beobachten.
Wenn etwa schon die Kritik am Verhalten muslimischer Migranten als Rassismus gedeutet wird, ohne dass diese auf rassische oder ethnische Besonderheiten abgestellt hatte, sondern auf die inakzeptablen Besonderheiten einer vormodernen Kultur verweist, die sich der Integration verweigert, dann wird die zuvor klare Begrifflichkeit von Rassismus zersetzt.

Die berechtigte Kritik wird damit dämonisiert, kriminalisiert und der zu kritisierende Gegenstand (die Kultur der Vormoderne) avanciert zu etwas Schützenswertem.

Selbst mathematisch-technische Überlegungen, die von Wissenschaftlern im Umfeld der Energiewende zu kritischen Beiträgen führen, werden medial als fortschrittsfeindlich und politisch rechts aufbereitet. Dies ist zumindest in den deutschen Leitmedien deutlich zu beobachten.

Die hierdurch entstehenden Bedingungen machen einen Diskurs sinnlos, da sie im günstigsten Falle einen Alibicharakter nachweisen.

Die Situation ist wohl nicht ganz unähnlich der des Westfernsehens für die ehemaligen DDR-Bürger, wenn man sich über schweizerische und österreichische Medien weniger voreingenommen informieren muss.
Es greift deshalb zu kurz, die deutsche Situation ausschließlich unter dem Blickwinkel einer moralisierenden Hype begreifen zu wollen.

Offensichtlich ist eher ein permanenter Angriff auf eine sich aus Realitäten erschließende Weltwahrnehmung durch die Designer der neuen kulturellen Comic-Figuren (B. Gruber).

Die Frage lautet dann: Wem nutzt das?

Man muss den Jüngern des World Economic-Forum keine Bösartigkeit unterstellen, aber sie postulieren ein Bild von Gesellschaft, welches auf einer ganzen Reihe von Ebenen dem klassischen Verständnis von autonom handelnden Nationen nicht mehr entspricht.
In ihnen sehen sie etwas zu Überwindendes vor dem erwünschten Hintergrund eines einigen und in wesentlicher Übereinkunft befindlichen globalen Europa mit zentraler Verwaltung.

Ihnen und ihren Brüsseler Statthaltern ist klar, dass die damit einher gehenden Souveränitätsabtretungen nur gegen Widerstände möglich sind und diese gilt es zu überwinden.

Die Idee dieses Kosmopolitismus übersieht allerdings eine über Jahrhunderte gewachsene kulturelle Syntax, weit über die sprachliche Vielfalt hinaus.

Das Konstrukt eines europäischen Bundesstaates, ist im Sinne seiner naiven Befürworter eine kosmopolitisch-globalistische Idee, die von einer Mehrzahl (von ihnen) vor allem ökonomisch nicht durchschaut wird.

Die für einen solchen (angestrebten) Fall erforderlichen Angleichungen vor allem in den Bereichen Arbeit und Soziales, werden nicht den derzeit vorfindlichen höchsten Stand in Anwendung bringen.

Multiethnisch, multireligiös, LGBTQ: Die Darstellung der neuen Famile

Gleichzeitig beglückt uns die Werbung bereits mit dem zeitgemäßen Bild der multiethnischen und multireligiösen, LGBTQ-kompatiblen und aus der „Ehe für alle“ hervorgegangenen „Familie“ als Zukunftsmodell einer elitären Minderheit, die sich dabei als antidiskriminierendes und liberales Zukunftsmodell verstanden wissen will.

Bei realistischer Betrachtung handelt es sich bei diesem „Modell“ allerdings eher um eine seltene Ausnahme, die dabei zugleich medial das Bild einer zeitgenössischen Gesellschaft dominiert.

Es ist deshalb nicht abwegig, von einem verordneten gesellschaftlichen Design zu sprechen, das selbst vor teuren Kampagnen (Propaganda für das Schwul- oder Queersein) nicht zurückschreckt.

Für sich betrachtet ist dies noch kein ausreichendes Indiz für einen Totalitarismus.

Dieser ist allerdings gegeben, wenn etwa im Rahmen der Mittel-Vergabe in der EU, diejenigen Staaten benachteiligt werden sollen, die sich diesem Gesellschaftsdesign verweigern.

Die Anmaßung besteht hierbei darin, dass man in der EU offensichtlich die Vorstellung von klassischer Familie einem politisch rechten Spektrum zuweist, welches zugleich mit dem Stigma des Antidemokratischen bedacht wird.

Fazit

Die Abweichung von der reinen Lehre via Berlin oder Brüssel, reicht offenbar für das Androhen von Strafmaßnahmen aus, die deshalb ihrem Wesen nach totalitär sind und keineswegs (wie behauptet) liberal.

Dass dies überhaupt so umfänglich möglich geworden ist, führt zu der Überlegung einer faktischen Kartellbildung innerhalb der Parteien bei gleichzeitiger Suspendierung institutioneller Machtteilung als einem Entdemokratisierungsprozess.Die sich kristallisierenden Machtverhältnisse, die sich längst nicht mehr auf Mehrheiten in der Wählerschaft berufen, führen zu minoritären und nicht mehr mehrheitsfähigen Agenden, die mit Mitteln sozialpsychologischer Manipulation und justizieller Repression durchgesetzt werden (Günter Buchholz3).


  1. Bettina Gruber: Dr. phil. Habil, venia legendi für Neuere Deutsche Philologie sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
  2. Thomas S. Kuhn: US-amerikanischer Wissenschaftsphilosoph und Wissenschaftstheoretiker (1922-1966)
  3. Günter Buchholz: Prof. emeritus für allgem. Betriebswirtschaftslehre und Consulting/Frankf. Erklärung zur Gleichstellungspolitik