Michael Mansion - Kolumne: Mansion merkt an

Mansion merkt an
Kabarettisten als Verschwörungstheoretiker

von Michael Mansion

 

In seiner Ausgabe Nr. 9 vom 26.02.22 widmet sich „Der Spiegel“ auf den Seiten 112-114 dem deutschen Kabarett in der Gestalt von Lisa Fitz.
Wir erinnern uns der Zeiten, als es Kabarettisten allemal gestattet war, das jeweils herrschende Gesamtgeschehen auch und gelegentlich mit sarkastischer Bösartigkeit zu begleiten.

Im aktuellen Neo-Biedermeier der eigenen und besonderen Empfindsamkeiten ist das allerdings problematisch geworden.

Die freche Schnauze erfährt eine mediale Kategorisierung, ähnlich der deutschen Abgasnorm, welche in diesem Falle jedoch eher eine sprachliche Absonderungsform auf der verordneten Ebene von (vermutlich) Euro 6 sein darf. Mehr geht nicht, stört das gesunde Volksempfinden und schadet der Gesundheit. Die Richtlinienkompetenz liegt in der Obhut der gesinnungsethischen staatlichen Medienverweser und ihrer Entourage.

Diese Euro-Norm zu überschreiten, verursacht bislang nicht gekannte Kränkungsschübe, wie wir sie aus der muslimischen Community kennen, wenn sie die ewige Weisheit der prophetischen Verkündigung durch die Ungläubigen beschmutzt sehen.

Wer immer auch politisches Kabarett betreiben möchte, muss sich in unseren Tagen vorab die Frage beantworten, wessen „Geschäft“ er oder sie betreibt, wenn gewisse Phänomene kritisiert werden, die gerade im Focus des allgemeinen Interesses befindlich sind.

Das Problem dabei ist nicht so sehr das allgemeine Interesse, sondern dessen Verwertung! Schließlich gibt es keine frei im Raum schwebenden Sachen, denn entweder gehören sie zu jemandem, werden von jemandem verwaltet oder man will sich ihrer bemächtigen.
Bisher war es meistens so, dass sich Kabarettisten über solcherlei Zuständigkeiten ungestraft lustig machen konnten und manchmal auch über die Sache selbst.

Sowas ist für ein gedeihliches demokratisches Miteinander auch nicht ganz unbedeutend, weil dieses Miteinander eine gewisse Rücksichtslosigkeit der Meinungen akzeptiert, wenn es denn demokratisch genannt sein will.
Bequem war das nie und alle hatten sich damit abgefunden……dachten wir.

Dieses Meckern dürfen über alles und jedes hatte seine beste Zeit zumindest für meine Generation in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts während des sog. „Kalten Krieges“. Diejenigen, die wir damals als Konservative sahen, hatten keinen leichten Stand. Sie hätten bei manchen (z.T. völlig überzogenen) Angriffen gegen sie ausreichend Grund zur Kränkung gehabt. So war denn auch ihre Gegenwehr bisweilen heftig und man teilte gegenseitig kräftig aus.

Auch zu diesen Zeiten war es nicht immer ungefährlich, seine Meinung zu sagen und hier vor allem für diejenigen, die eine Beamtenlaufbahn anstrebten oder auf einem solchen Stuhl schon saßen.

Es gab damals einen Wettkampf der Systeme und wer sich dem Staat verpflichten wollte, hatte systemimmanent zu argumentieren oder man galt als Außenseiter. Im schlimmsten Falle war man Kommunist. Mit Kommunisten durfte man nichts zu tun haben. So wenig wie mit Menschenhändlern, der Mafia und mit Bordellbetreibern.

Das war damals so etwas wie eine gesellschaftliche Übereinkunft und wer dagegen verstieß, der oder die musste sich nicht wundern.
Natürlich muss man sich auch heute nicht wundern, wenn man den angesagten Übereinkünften die Gefolgschaft verweigert und dies vor allem dann, wenn diese Gefolgschaft irgendwie mit der Volksgesundheit in Zusammenhang steht.

Nun hat sich Lisa Fitz ja nicht etwa gegen Bemühungen zu deren Erhalt ausgesprochen, aber sie hat (deutlich) anklingen lassen, dass zumindest aus ihrer Sicht ein gewisser Verdacht die vermeintlich guten Absichten begleitet.

Dieser nährt sich aus Erkenntnissen, die sich halbwegs gut informierten Bürgerinnen und Bürgern durchaus erschließen, wenn sich z.B. nachweisen lässt, wer mit wem und mit wessen wohlmeinender Hilfe am vermeintlichen Gesamtelend glänzend verdient.
Dass am Elend anderer stets auch kräftig verdient wurde, ist derweil auch keine neue Erkenntnis, was wiederum nicht bedeutet, diejenigen denunzieren zu müssen, die solche Fakten benennen.

Wenn z.B. einige Milliardäre ein zunächst surreal anmutendes fiktives Ereignis durchspielen (WEF 2020), welches kurz darauf Wirklichkeit wird und dabei zugleich ein Geschäftsmodell in Szene setzen, welches zu einem medizinischen Akteur mutiert, der ganze Staaten in seine Abhängigkeit bringt, was souveräne Eigenentscheidungen ausschließt, dann hat diese Erkenntnis nichts mit Verschwörung zu tun, weil sie faktenbasiert ist.

Ein ganzes Heer von Stiftungen und sog. NGOs, die ihre Existenz besagten Milliardären verdanken, als Ausgeburten einer reinen und frommen Denkungsart begreifen zu wollen, kann mit Sicherheit als naiv bezeichnet werden. Als verordneter Mainstream wird es zur Herrschaft der Dummheit.

Im Gegensatz zum kabarettistischen Humor, der gelegentlich auch in Sarkasmus münden kann (und darf), folgt „Der Spiegel“ dem Motto staatstragender Denunziation, deren verbohrte Blindheit schon lange jene Tür zugeschlagen hat, die für eine Belebung dringend benötigter Diskurskultur hätte offen gehalten werden müssen.

Verwundern muss das nicht in Zeiten, wo Teilen der saarländischen Landkreis-Jugendarbeit vor einiger Zeit eine von einem Rechtsanwalt (!) begleitete Veranstaltung angeboten wurde, bei der es um die Frage ging, was politisches Kabarett (noch) dürfen darf.
Schon vor Jahren hatte Thilo Sarrazin einmal angemerkt, es habe ab einem bestimmten Level obskurer Bösartigkeiten, die gegen jemanden (medial) vorgebracht werden, keinen Zweck mehr sich verteidigen zu wollen.

Es ist dieser intellektuelle Resignationspunkt, an dem die Gesellschaft angekommen ist, deren demokratischer Anspruch zur reinen Fassade verkommen ist.

Michael Mansion