zwischendurch - Wand - Faktum Magazin

NZZ:

Hasskommentare im Internet – Deutschland, die Zensur-Republik

(…) Die grosse Koalition will Härte zeigen gegen die in sozialen Netzwerken grassierenden Hasskommentare, Verunglimpfungen und Beleidigungen. Diese sind, wer wollte dies leugnen, eine Seuche des Internets. Doch die von Maas vorgeschlagenen Instrumente schiessen weit übers Ziel hinaus. Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen innert 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde gelöscht werden, weniger gravierende Delikte innerhalb einer Woche. Sonst drohen Bussen von bis zu 5 Millionen Euro für Einzelpersonen und 50 Millionen für Firmen. (…)

etzt sich Maas durch, gibt es bald auch ein deutsches Sonderrecht. Die Deutschen halten sich zwar gern für die besten Europäer, aber wie zuletzt in der Migrationspolitik stellen sie mit dem Gesetzentwurf einmal mehr ihre EU-Partner vor vollendete Tatsachen, statt eine gemeinsame europäische Lösung zu suchen. Solche nationalen Regulierungen des Internets sind ein Anachronismus. Die Unternehmen, die mit dieser digitalen Kleinstaaterei zurechtkommen müssen, werden möglichst unverfängliche Minimalstandards definieren, die sie dann konsequent durchsetzen: Katzenbilder sind gut, kontroverse politische Inhalte schlecht.

Eine Demokratie kann ohne Meinungsfreiheit nicht überleben. Nur in der ungehinderten politischen Auseinandersetzung haben die Bürger die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden, die sie befähigt, bei Wahlen und Abstimmungen ein kompetentes Urteil zu fällen. (…)

Da brauchen die Deutschen die Schweizer, die ihnen Klartext erzählen. Braucht Deutschland politischen Nachhilfeunterricht aus der Schweiz? Das schlimme ist: Viele fühlen sich mit den geplanten Zensurmitteln der Regierung wohl und in ihren eingetrichterten Meinungen bestätigt. Die Gehirnwäsche funktioniert.