Professor Dr. Günter Buchholz - Faktum Magazin

zuerst erschienen:
Frankfurter Erklärung: Eine kurze Widerlegung von Andreas Kemper

Professor Günter Buchholz nimmt Stellung zu Äußerungen von Andreas Kemper im Video „Forum Soziale Inklusion – Teil eines Antifem-Netzwerks“

Professor Buchholz ist u. a. neben zahlreicher Publikationen durch die Frankfurter-Erklärung, den Gender-Diskurs und den Freitagsbrief bekannt. Andreas Kemper durch antifanahe Aktivitäten und das denunziatorische und gescheiterte Projekt „Agent*In„. Informationen und Links zu Andreas Kemper befinden sich am Ende des Beitrags.

Nun soll Günter Buchholz zu Wort kommen.

Eine kurze Widerlegung
von Andreas Kemper

von Günter Buchholz

(Link zum Video)

Sehr geehrter Herr Kemper,

ich bewundere Ihre von der Kontaktschuld-These geleitete Phantasie, wirklich, das ist sehr eindrucksvoll.

Es gibt leider noch sehr viel mehr Künstler*innen dieser Art. Das ist immer wieder faszinierend, finde ich!

Allerdings beurteile ich alle Leute sehr kritisch, die nur oder fast nur „über“ etwas reden, aber nie oder fast nie „von“ etwas, die sich also nie oder kaum jemals ernsthaft inhaltlich äußern, weil das Inhaltliche ersetzt wird durch einen Strauß ideologischer Vorannahmen. Man weiß daher unausgesprochen immer schon, was richtig und gut ist, und daher auch was es nicht ist. Irren können sich also von vornherein immer nur die anderen. Das ist eine ausgesprochen bequeme Annahme für Leute, die andere mit anderer Sichtweise und anderen Urteilen als Personen angreifen wollen.

Ihre zentrale Vorannahme, Herr Kemper, ist die, daß der Antifeminismus deshalb etwas Schlechtes, weil der Feminismus etwas Gutes sei. Daraus leiten Sie Ihre Rechtfertigung ab, über Antifeministen negativ zu urteilen.

Aber woher wissen Sie das eigentlich? Wie begründen Sie ihre Vorannahme?

Ich sage Ihnen, warum sie falsch ist.

Feminismus ist nichts Gutes, weil er nicht universalistisch ist, denn das männliche Geschlecht wird mittels einer dogmatisch behaupteten Rechtfertigung, nämlich der des sogenannten Patriarchats (oder ersatzweise sogenannter „struktureller Benachteiligungen“), nicht nur ausgeschlossen, sondern systematisch bekämpft. (3)

Aus diesem Grund ist der Feminismus kein Humanismus, sondern er ist ein Anti-Humanismus.

Als Humanist verwerfe ich deshalb den Feminismus.

Was nun die Frankfurter Erklärung gegen Gleichstellungspolitik angeht, so handelt es sich dort um eine Kritik der Frauenquotenpolitik auf Basis von Art. 3 GG und Art. 33 GG.

Es genügt, den Art. 3 GG aufmerksam zu lesen, um zu wissen, daß Gleichstellung kein Begriff des Grundgesetzes ist.

Daraus ergeben sich in logischer Hinsicht Konsequenzen für die einfache Gesetzgebung, soweit diese den Gleichstellungsbegriff verwendet: das heißt nämlich, daß sie insoweit nicht dem Grundgesetz entspricht.(1)

Verstehen Sie das, Herr Kemper?

Was nun den Gender-Begriff angeht haben Sie aus meinem kurzen Beitrag auf Gender-Diskurs selektiv zitiert, aber Sie haben offensichtlich gar nicht verstanden, weshalb ich den Gender-Begriff dort kritisch beurteilt habe.(2)

Ich habe ihn deshalb kritisiert, weil er, soweit damit angeblich „sozial konstruierte“, faktisch aber historisch entwickelte „(geschlechtsspezifische) soziale Rollen“ gemeint sind, z. B. in den vielfältigen und unterschiedlichen historischen Ausgestaltungen der sexuellen Arbeitsteilung in der Menschheitsgeschichte, schlicht trivial ist. Solche Rollengefüge haben sich historisch weltweit in unterschiedlichen Formen entwickelt und verändert, was sich auch in der Gegenwart weiterhin vollzieht. Das mag im einzelnen untersucht werden, aber dazu braucht niemand einen neuen Begriff wie „gender“. Es sei denn, dieser Begriff hätte eine wesentlich andere Funktion, nämlich die einer larvierten Sprechweise über die homoerotische Lebensweise, um deren gesellschaftliche „Normalisierung“ zu befördern. Das dürfte daher der eigentlich Zweck dieser begrifflichen Übernahme aus dem angelsächsischen Sprachraum sein: „Gender“ als „Trojanisches Pferd“.

Es sei angemerkt, daß alle menschlichen Gesellschaften sich durch Arbeit und Fortpflanzung reproduzieren.

Aus genau diesem Grund ist die Bedeutung der menschlichen Sexualität derart zentral: sie sichert biologisch das Überleben der menschlichen Gattung (species), die sich sozial zusätzlich durch Arbeit erhalten muß (Karl Marx).

Wie sich Menschen ansonsten „erotisch“ verhalten, das ist aus dieser Perspektive irrelevant. Wird jedoch die Ebene der Fortpflanzung mit der des bloßen erotischen Verhaltens vertauscht, die dann mit „Gender“ gemeint wird, dann liegt nicht nur ein Kategorienfehler vor. Es handelt sich vielmehr um ein ontologisches Fehlurteil im Hinblick auf das Mensch-Sein.

Und nun tritt dazu noch das soziologistische Fehlurteil hinzu, die Bezugnahme auf die Biologie des Menschen – als eine, aber nicht die einzige Grundlage menschlichen Verhaltens – sei „biologistisch“ oder „essentialistisch“. Aha. Über die menschliche Biologie können fachfremde „Soziologen“ oder „Genderisten“ natürlich besonders kompetent urteilen. Das ist ja klar. (4)

Anmerkungen:

  1. Frankfurter Erklärung zur Gleichstellungspolitik
  2. Gender-Diskurs: Warum der Gender-Begriff überflüssig und irreführend ist
  3. Heike Diefenbach: Das Patriarchat; siehe: science files / Publikationen / pdf
  4. E.O. Wilson:
    Die soziale Eroberung der Erde – Eine Biologische Geschichte des Menschen, C. H. Beck: Müchen (2013), 2014
    Ders.: Biologie als Schicksal. Die soziobiologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens (1978; dt. 1980)

 


Redaktion:
Zur Person Andreas Kemper

Andreas CamperDie politisch-korrekte Wikipedia weiß über ihn zu berichten:

Kemper wuchs in Nordhorn auf, wo beide Eltern in der Textilindustrie arbeiteten. Er studierte Philosophie, Soziologie und Pädagogik an der Universität Münster und der FU Berlin. In Münster legte er 2005 das Magister-Examen ab, Titel der Magisterarbeit ist Möglichkeiten der Bildungspolitik für Arbeiterkinder. (…)

Ab Juli 2017 war Kemper einer der Initiatoren des Online-Projekts Agent*In, das vom Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt und bereits Anfang August 2017 wieder vom Netz genommen wurde. (…)

Was die Wikipedia in ihrem politisch-korrekten Artikel verschweigt:

Andreas Kemper steht der Antifa nah

2016 ist er der Redaktion bereits auf einer Veranstaltung der Antifa begegnet. Dort äußerte er sich ideologiegesteuert und eher unwissend. Die personellen Überschneidungen Antifa/Heinrich-Böll-Stiftung wurden auf einer Veranstaltung der Stiftung im gleichen Jahr deutlich: Heinrich-Böll-Stiftung legt in Artikeln nach (Links!).

2017 schließlich wollte er das denunziatorische Verhalten der Antifa mit der Plattform „Agent*In“ im Internet vertiefen.

Die Heinrich-Böllstiftung zum „Ausstieg aus der Agent*In“ (04.11.2017)

Agent*In – Antifeminismus-kritisches Online-Lexikon

Stellungnahme des Vorstands zum endgültigen Ausstieg aus dem Wiki „Agent*in

Der Vorstand hat im Rahmen seiner Aufarbeitung entschieden, das Wiki  „Agent*In“ nicht fortzuführen. Die Stiftung wird in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und Angriffen auf feministische und gleichstellungspolitische Errungenschaften zukünftig andere Formate der politischen Bildungsarbeit nutzen und neu entwickeln.

Die Wahrheit über das Internetprojekt, bei dem Kemper eine führende Rolle spielte, ist aber eine andere. Bei der Frankfurter Allgemeinen erschien am 31. Juli 2017 der Artikel

Die schwarzen Listen der Mitarbeiter des Böll-Prangers “Agentin”

(…) Das Wiki, das dank Wikipedia einen guten Ruf geniesst, wird von der Böll-Stiftung zu einer intransparenten schwarzen Liste, die Freunde bei Medien wie dem Neuen Deutschland und einer Website der Stiftung der früheren Stasi-IM Anetta Kahane findet. Es ist völlig unklar, wer bei Agentin mit welcher Intention wen diskreditiert. (…)

Was also ist Agentin? Ein unsicheres und von den Funktionen her kastriertes Wiki, das als schwarze Liste genutzt wird, und bei dem die Hälfte der Autoren jene Person sind, die mit ihrer Tätigkeit bei Twitter hausieren geht. Eine Person, die offensichtlich viel Zeit für Diskussionen in eigener Sache hat, und sich in früheren Veröffentlichungen in der linken Szene mit eben jenen Adligen, Katholiken und Vermögenden auseinander gesetzt hat, die ihren Namen nun in der Gesinnungsdatenbank finden, während offensichtliche Kritiker der Denkschule – mein Fehlen in der Liste wurde bereits bemerkt und kritisch kommentiert – nicht auftauchen. Ich muss offen zugeben, dass ich von den dort aufgeführten Personen vielleicht ein Dutzend zuordnen konnte. Es sieht aus, als hätte Andreas Kemper einfach seine bisherigen Arbeitsschwerpunkte zur linksradikalen Theorie des „Klassismus“ in ein Wiki zum Feminismus gesteckt, weshalb dort auch Kategorien wie “Adel” auftauchen. (…)

Die staatlich finanzierte Böll-Stiftung lässt einen Aktivisten eine Datenbank über jene machen, die er offen „bekämpft“ – und diese Datenbank soll kein Pranger, sondern informativ und sachlich sein. In den letzten zwei Wochen blieben Kemper und die Stiftung ziemlich einsam mit der Verteidigung des Projekts. (…)

Der Artikel zeigt den Sumpf rund um Kemper und die Heinrich-Böll-Stiftung auf.

Auch der Artikel in der „politisch-korrekten“ Wikipedia kommt um die Fakten zur „Agent*In“ nicht herum.

(…) Wenige Tage nach Freischaltung schlug sich die mediale Wahrnehmung der Agent*In-Webseiten in einer Vielzahl von Berichten und Kommentaren nieder. Das Angebot stieß auf negative Kritik auf verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Ebenen.[3]

Bernd Matthies, Redakteur des Tagesspiegels, bezeichnete in einer Glosse die Plattform als „denunziatorische Liste von Organisationen und Namen“, die sich „wie eine Art Verfassungsschutzbericht der Gender-Szene“ lese. Er bezeichnete es als ideologisch motivierten Trick, von „rechtsextremen Fanatikern über streitbare Konservative bis zu Liberalen, die lediglich die Gendertheorie für Unfug halten“, alles in den Sack „Anti-Feminismus und Gender-Kritik“ zu stecken und gleich zu prügeln: „genderkritisch gleich homophob gleich antifeministisch gleich pfui“.[10]

Henryk M. Broder beschrieb in einem Gastkommentar in der Welt die Plattform als „Webseite, auf der ‚antifeministische‘ Personen denunziert werden“ sowie als „skurriles Dossier“ und Massendenunziation von Menschen, die lediglich andere Meinungen verträten als die Verfasser. (…)

Andreas Kemper ist Ideologe aus Antiifakreisen, der sich mitverantwortlich für eine Denunziationsplattform gezeigt hat.