Menschliche Fortpflanzung:
Keine Frage der Moral?

Die Webseite Gender-Diskurs beschäftigt sich derzeitig mit der menschlichen Fortpflanzung. Dort geht es zum einen um vorgeburtliche Untersuchungen an Föten und deren Müttern (Pränataldiagnostik) und zum anderen um die Keimbahntherapie.

Bei der Keimbahntherapie handelt es um eine Technik, die verhindern soll, das Erbkrankheiten auf den Nachkommen übertragen werden sollen. Hierbei handelt es sich um direkte Manipulationen am Erbgut. Die direkte Manipulation am menschlichen Erbgut wirft moralisch-ethische Fragen auf, die an dieser Stelle allerdings nicht diskutiert werden sollen.

Moralisch-ethische Fragen setzen schon früher an

Fragen moralisch-ethischer Natur werden bezüglich der menschlichen Fortpflanzung schon lange ignoriert oder bewusst außer acht gelassen. Neu entstehendes, ungeborenes Leben wird in seinem Wert als potentieller Mensch bereits entwertet.

Dies wird daran deutlich, wie feministische Frauen über das entstehende Leben und den Schwangerschaftsabbruch sprechen.

Entstehendes Leben als Parasit

Feministinnen sprechen von Parasiten, die völlig unproblematisch entfernt werden können, wenn es um die eigene Schwangerschaft geht. Feministisch schließt man von einem vermeintlich eigenen Recht auf ein Recht für alle Frauen.

Der Begriff des Parasitens hat sich bereits so tief in Feministinnen eingefressen, dass sie in Artikeln über Fehlgeburten vom Parasiten sprechen. Ein Artikel im feministischen Blog Kleinerdrei zeigt, wie akzeptiert der Ausdruck vom Parasiten in diesen Kreisen ist.

kleinerdrei: Ich hatte einen Parasiten und mich darüber gefreut.

(…) Die erste Vorsorgeuntersuchung steht an. Der Gedanke, dass nun eine Herzaktivität festgestellt werden soll, ist für mich völlig unglaubwürdig. Ein lebendiges Wesen in mir. Ich als Wirtin eines Parasiten, um es mit Simone de Beauvoirs Worten (Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Hamburg 2003, S. 629) zu sagen.  (…)

Auch wenn die Schwangere sich doch auf das Kind freut, zeigt diese Aussage, wie tief Simone de Beauvoir mit ihrer menschenverachtenden Aussage über den Embryo/Fötus als Parasiten in die Feministin gedrungen ist. Kaum eine Diskussion über Schwangerschaftsabbrüche kommt ohne den feministischen Einwand über den „eigentlichen Charakter“ des ungeborenen Lebens als Parasit aus.

Wie lange ist ein Parasit ein Parasit?

….und ab wann darf sich der Mensch als Mensch bezeichnen? Kann man nicht auch noch geborenes Leben (Kinder!) als Parasiten bezeichnen? Werden sie doch von ihren Eltern auf deren Kosten ernährt und gepflegt!

Die Frage ist tatsächlich, wie lange man aus feministischer Sicht neues Leben als Parasit bezeichnen kann/darf, Natürlich ist diese Bezeichnung auch eine Art Selbstschutz, um sich nicht klarmachen zu müssen, dass man das Leben eines zukünftigen Menschens mit einem Schwangerschaftsabbruch „ausknipst“.

Benutzen sollte man diesen Ausdruck aber ohnehin nicht. Der Begriff sollte schon in den eigenen Gedanken bei diesem Thema keinen Raum besitzen.

Der Parasit – der biologische Begriff

Einige „nette Zeilen“ als Definiton, was ein Parasit überhaupt ist, gibt es beispielsweise bei Planet Wissen.

Heutzutage verwendet man das Wort Parasit hauptsächlich in seiner biologischen Bedeutung: Parasiten sind Tiere und Pflanzen, die in oder auf einem Organismus einer anderen Art leben und von ihm Nahrung beziehen. Da auch krankheitserregende Bakterien und Pilze nur auf Kosten des Wirts leben, zählen sie ebenfalls zu den Schmarotzern. Parasiten leben also mit ihrem Wirt nicht in einer Symbiose, die beiden Seiten Vorteile bringt, sondern sie nutzen ihren Wirt aus. Häufig wird der Wirt dabei auch geschädigt: Der Parasit verletzt die Haut, zerstört Gewebe, scheidet giftige Stoffwechselprodukte aus. Ein Bandwurm kann seinem menschlichen Wirt mitunter so viele Nährstoffe entziehen, dass er an Mangelernährung leidet. Bei Jugendlichen kann sogar das Wachstum gehemmt werden.

Wenn man also den Begriff des Parasiten bei entstehenden menschlichen Leben verwendet, reduziert man das Lebewesen auf seinen Bedarf der durch den Entstehungsprozess erwächst. Man missachtet sämtliches Potential, dass das neue Leben hat. Man missachtet zusätzlich das eigene Menschsein, das eine Wertschätzung von menschlichem Leben hervorgebracht haben sollte.

Der Missbrauch des biologischen Begriffes hat Tradition. Aufgrund dieser Tradition sollte man den Begriff erst recht nicht gebrauchen.

Was wäre ein Artikel ohne die politisch Rechte?

Der Begriff Parasit wurde bereits vorher historisch verwendet. Gerade die Verwendung in der deutschen Geschichte dürfte auch Feministinnen bekannt sein, die vom Menschenrecht auf Abreibung ihres Parasiten reden.

Er [der Jude] ist und bleibt der ewige Parasit, ein Schmarotzer, der wie ein schädlicher Bazillus sich immer mehr ausbreitet, sowie nur ein günstiger Nährboden dazu einlädt. Die Wirkung seines Daseins aber gleicht ebenfalls der von Schmarotzern: wo er auftritt, stirbt das Wirtsvolk nach kürzerer oder längerer Zeit ab.

So lebte der Jude zu allen Zeiten in den Staaten anderer Völker und bildete dort seinen eigenen Staat, der allerdings so lange unter der Bezeichnung „Religionsgemeinschaft“ maskiert zu segeln pflegte, als die äußeren Umstände kein vollständiges Enthüllen seines Wesens angezeigt sein ließen.

Adolf Hitler in „Mein Kampf“

Grundsätzlich zeigt die Verwendung des Begriffes also eine grundsätzliche moralische Verrohung, wenn er in Bezug auf das Ungeborene benutzt wird.

Dementsprechend ist der „jüdische Parasit“ eine bekannte historische Figur.

Der „jüdische Parasit“ ist ein antisemitisches Stereotyp. Dahinter steht die Vorstellung, die Juden der Diaspora wären zu eigener Staatsbildung unfähig und würden daher Staaten und Völker, die biologistisch als Organismen bzw. Volkskörper imaginiert werden, parasitär befallen und ausnutzen.

Spätestens nach der Erkenntnis, wie der Begriff geschichtlich verwendet worden ist, sollte man davon absehen, ihn selbst zu verwenden. Allerdings ist der Begriff allein schon aus der biologischen Perspektive aus ethischer Sicht zu vermeiden. Was aber hat die Feministin mit Ethik zu tun tun, wenn es um die eigenen Interessen geht?

Keine Sorge: Auch die Linke war des Antisemitismus‘ fähig

Ein Gegengewicht zu Adolf Hitler zu finden, fällt schwer. Aber auch die Linke hat sich in vergangenen Tagen im Antisemitismus geübt. Mittlerweile ist die Linke über den Import von Antisemitismus über die Islamophilie wieder im antisemitischen Rennen.

Die Vorstellung eines gesellschaftlichen Parasitismus ist im Sozialismus seit langem anzutreffen. Sie wurde aus der Physiokratie des 18. Jahrhunderts übernommen, die städtische Kaufleute und Manufakturbesitzer im Unterschied zu den angeblich einzig produktiven Landwirten als „classe stérile“ bezeichnete.[3] Der französische Frühsozialist Charles Fourier (1772–1837) etwa bezeichnete die Mehrheit aller Dienstboten, Frauen und Kinder als „häusliche Parasiten“, denen er noch die „sozialen Parasiten“ an die Seite stellte, nämlich Händler und Seeleute. Zu diesen „anti-produktiven“ Bevölkerungsklassen rechnete Fourier auch die Juden.

(Ebenfalls aus der Wikipedia zum jüdischen Parasiten.)

Biologisch und polit-historisch ist der Begriff aus moralischer Sicht also zu verwerfen.

Feministin darf, der Mensch nicht

Der Ausschluss der Feministin aus der Gruppe der Menschen soll zeigen, wohin die Nutzung des Begriffes Parasit führt. Der Begriff führt dahin, dass dem werdenden Leben das Potential auf Menschlichkeit entzogen wird.

Man stelle sich nun vor, ein AfD-Mitglied hätte in einem Zusammenhang mit dem Menschen diesen Ausdruck verwendet. Feministen aber, die sich vorgebend für die „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ einsetzen, dürfen diese Ausdrucksweise nahezu unkritisiert verwenden.

Okay, bei der „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ sind Kinder und das ungeborene Leben nicht enthalten. Ein grundsätzlicher Humanismus ist Feministen (oder hier) ohnehin fremd. Aus humanistischer Sicht handelt es sich um auffällige Doppelstandards: Es ist noch lange nicht gleich, wer was von sich gibt.

Mein Bauch gehört mir – der Abreibungsparagraf

1971 initiierte Alice Schwarzer die Aktion „Mein Bauch gehört mir„.

Auslöser der Protestaktion gegen den §218 ist das öffentliche Bekenntnis von 374 Frauen im „Stern“: „Wir haben abgetrieben!“.

Später stellte sich heraus, dass viele Frauen der Aktion nicht abgetrieben haben. Auch die Aussage „mein Bauch gehört mir“ ist moralisch zu hinterfragen. Natürlich gehört der Bauch mit den innewohnenden Organen einer jeden Frau selbst. Das entstehende Leben aber gehört sich ebenfalls selbst. Ist es nicht verwerflich, wenn man dieses Leben durch diese Aussage bereits entwertet?

Der Abtreibunsparagraf wurde 1992 abgeändert. Schwangerschaftsabbrüche konnten damit legal vorgenommen werden, was auch durchaus sinnvoll ist. Der sprachliche Umgang mit dem Thema ist zu kritisieren. Fortpflanzung und Familie ist für die (oftmals lesbische) Feministin allerdings „Kernkompetenz“. Gesellschaftliche Werte bezüglich der Familie und der Fortpflanzung standen schon bei der Radikalfeministin Kate Milltett auf dem Plan. Der Begriff des Familismus – in der Negativbetrachtung – erlebt derzeitig feministisch einen Boom.

Die Ausgrenzung des Mannes in der Frage der Forpflanzung

Oft gehört, aber dennoch kein Totschlagargument:

Sobald Männer in der Lage sind selbst Kinder auszutragen, haben diese das Mitentscheidungsrecht. Punkt!

Dem Mann wird jedes Mitspracherecht entzogen – das entstehende Leben ist ohnehin bereits entwertet. Wenn dem Mann aber das Mitspracherecht völlig entzogen wird, sollte er sich auch selbst aus der Verantwortung für das Kind ziehen können. Er hat aus feministischer Sicht keinerlei Mitentscheidungsrechte, ob das Kind ausgetragen wird oder nicht. Wird es aber ausgetragen, so hat er die Verpflichtung finanziell dafür gerade zu stehen. Dies ist eine Einseitigkeit in der Entscheidungsfindung zu Ungunsten des Mannes, die überdacht werden muss.

„Feministische Befreiungsrhetorik“ – für den Arbeitsmarkt!

Birgit Kelle kritisiert ebenfalls feministische Rhetorik bei diesem Thema. Sie spricht von „feministischer Befreiungsrhetorik„.

Seit einer Weile tobt hier beim The European eine Abtreibungsdebatte, einige Kollegen haben sich des Themas bereits angenommen. Es ist viel die Rede von den Rechten der Frau. Mein Bauch gehört mir, das ist ja noch kein Leben da im Bauch, Zellhaufen. Wir reden von Selbstbestimmung der Frau, manche gar vom „Recht auf Abtreibung“. Damit sind wir mitten in der Befreiungsrhetorik der feministischen Bewegung, die uns Frauen mit diesem „Recht“ ja endlich von unseren biologischen Fesseln, dem niederen Dasein als abhängige Frau befreien wollten.

Bei dieser Befreiungsrhetorik geht es um die „Befreiung der Frau“ für den Arbeitsmarkt. Auch sie sieht das Kind nicht als Thema der Debatte.

Wir sollen frei sein – ja wofür eigentlich? Genau, für den Arbeitsmarkt, die Karriere, die Selbstbestimmung, das Geldverdienen.

Wer zwischen den Zeilen liest, findet auch bei Birgit Kelle die Wahrnehmung von der moralischen Verrohung bezüglich des neuen Lebens.

Abtreibung ist längst Alltag geworden, für manche ein spätes Verhütungsmittel. Für andere ein „Recht“, das plötzlich gegen sie verwendet wird. Denn so manche Frau sieht sich einem neuen Druck ausgesetzt, diese schöne neue Möglichkeit der Emanzipation doch jetzt auch zu nutzen, wenn die Krankenkasse es doch bezahlt und damit so schnell und einfach Probleme gelöst werden können. Nutz deine Freiheit, Mädchen!

Immerhin gibt es durch das „social freezing“ nun die Möglichkeit, die Entscheidung für das Kind auf Eis zu legen. („Social Freezing bezeichnet das vorsorgliche Einfrieren von unbefruchteten Eizellen ohne medizinischen Grund.“)

Was hat es nun mit dem neuen Phänomen des „Social Freezing“ zu tun? Auch hier wieder soll die Frau befreit werden, von den Familienplanung, von der tickenden biologischen Uhr, man feiert es als weiteren Akt der Emanzipation, dass wir unsere Karriere nicht mehr weiter auf Eis legen müssen, um rechtzeitig zu gebären. Wir legen die Kinder auf Eis, um rechtzeitig den nächsten Karriereschritt zu vollziehen.

Die technischen Möglichkeiten laufen den Diskussionen über die gesellschaftlichen Aspekte mit weitem Vorsprung weg. Die Fragen, die allerdings gestellt werden, sind zumeist die, bei der es um den Abbruch einer Schwangerschaft geht.

Philosophen fragen sogar danach, ob es nicht erlaubt sein kann, Kinder noch nach der Geburt abzutreiben.

Ein neuer Diskurs muss her

Die Diskussion wird zu lange von Feministinnen bestimmt, die lediglich das Recht der Frau auf Entscheidungshoheit über Schwangerschaft und das Leben an sich im Sinn haben. Das entstehende Leben wird außer acht gelassen. Dies ist eine Folge der Familienfeindlichkeit des Radikalfeminismus der späten 1960er/frühen 1970er Jahre. (Millett/Firestone)

Der biologische Vorgang der Schwangerschaft wird als „patriarchales Unterdrückungsinstrument“ gesehen. Das werdende Leben wird zum Unterdrückunsinstrument pervertiert.

Es fehlt der humanistische Blick

Man sollte ebenfalls darüber nachdenken, ob man wirklich sämtliche Möglichkeiten, die die Wissenschaft bietet, ausnutzen sollte. Sind manche Techniken auch dafür verantwortlich, wenn eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bezüglich der Möglichkeiten, schwanger zu werden entstehen? Gerade die Keimbahntherapie könnte hierfür verantwortlich werden.

Gerade die Entwertung zum Zellhaufen ist für einen humanistischen Blick auf das werdende Leben abträglich. Auch wenn es verständlich ist, dass schwerwiegende Entscheidung vereinfacht werden, wenn es keine Sicht auf einen werdenden Menschen, sondern eine Sicht auf einen wertlosen Zellhaufen gibt, ist die Wortwahl menschenunwürdig.

Die Diskussion muss wieder humanistischer werden. Vor allem darf feministische Familienfeindlichkeit keine Rolle spielen.