Bücher - Faktum Magazin

Die politische Linke –

die Frage nach dem Status quo


Was ist in den heutigen Zeiten im politischen Sinn noch links? Diese Frage stellen sich immer mehr „Alt-Linke“, die heutige vermeintlich linke Positionen als „post-modern links“ bezeichnen (müssen). Ich verweise hier auf zwei Artikel, die sich mit dem Thema beschäftigen.

le Bohémien – Abschied von der Linken

In seinem Artikel stellt Sebastian Müller fest, dass die politische Linke nicht mehr das ist, was sie einmal war. Er stellt einige Defizite fest.

Links sein ist nicht mehr das, was es einmal war. Das zeigt nicht nur die Konzept- und Hilflosigkeit der europäischen Sozialdemokratien. Auch die linken Ideale der Jugend verwässern. (…)

Eklatant erkennbar wird dies, wenn man vermeintlich linkes Gedankengut in der heutigen Politik beobachtet. Ein kritikloser Feminismus und eine schädliche Islamophilie hat alte Kardinaltugenden der einst intellektuellen, linken Denker abgelöst.

Auch Sebastian Müller erkennt einen zur „Unkenntlichkeit verwässerten“ Zeitgeist.

(…) Denkwürdig ist es, weil man Zeuge eines Zeitgeistes wird, in dem das Label den Inhalt ersetzt ‒ oder aber der Inhalt bis zur Unkenntlichkeit verwässert wurde. „Links“ ist in diesem Kontext etwa so wie „Bio“ oder „Grün“: Was darauf steht, muss noch lange nicht drinstecken. Vielmehr ist es beliebig, dialektisch begrenzt, im Habitus entgrenzt, Hauptsache politisch korrekt und im Trend. Es ist soft, zahm, aber ohne erzählerische, empirische oder intellektuelle Wucht. Es ist ein Offenbarungseid. Und es ist der Abschied von einer Denkrichtung, die ein Jahrhundert der Garant für sozialen Fortschritt und damit gesellschaftlicher Prosperität war. (…)

Die Minderheitenpolitik der Linken

Was der Autor nicht schreibt, aber andeutet, führt geradewegs in die Minderheitenpolitik des Gender Mainstreamings, der zumeist Menschen angehören, die sich selbst als links verorten.

Was das konkret heißt, offenbart Merkels Holzschnitt der neuen jungen „Linken“, der sich anhand eines Abschiedes von „Großorganisationen“ wie Gewerkschaften und Parteien auszeichnet. Fast folgerichtig geht diese Entwicklung einher mit der Aufgabe des Ziels einer gerechten Verteilungspolitik des gesellschaftlichen Wohlstandes. Die Verlagerung von einer Makro- auf die Mikroperspektive kommt durch die nun „unbedingte“ Priorisierung der „Gleichstellung von Minderheiten“ zum Ausdruck.

Der Autor bezieht sich auf ein Interview mit dem Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel und stellt folgernd fest, dass die Linke zu einem „(neo)liberalen Mainstream, garniert mit einer Prise grünen Lifestyle“ verkommen ist.

Streng genommen hat der Transformationsprozess innerhalb der Linken, den Merkel [Wolfgang Merkel] skizziert, nur noch wenig mit „Links“ zu tun. Er ist schlicht Ausdruck eines (neo)liberalen Mainstreams, garniert mit einer Prise grünen Lifestyles. Er ist das Ergebnis einer neoliberalen Durchdringung kultureller, individueller und gesellschaftlicher Lebenswelten und Realitäten, die auch die „Linke“ seit einem knappen halben Jahrhundert erfasst hat. Heraus gekommen ist eine Generation, der nicht nur das Bewusstsein für diesen Prozess fehlt, sondern auch dafür, dass sie selbst, ganz im Sinne „Mirowskis“, neoliberal ist und denkt.

Es ist kein Wunder, wenn sich immer mehr Linke von der post-modernen Linken abwenden und sich ihr verweigern.

Der Artikel ist gelungen und regt zur nachdenklichen Betrachtung der Politikszene an.

Karl Marx - NICHT-Feminist Header - Politik, Links

Eine ähnliche Frage stellt sich Professor Dr. Günter Buchholz.

Das politische Links-Rechts-Schema und die Frage: Was ist heute „links“?

Güter Buchholz stellt zunächst fest, dass die alten Bezeichnungen „links“ und „rechts“ in der heutigen Politikwelt nicht mehr greifen. Sie wirken verstaubt.

Das politische Links-Rechts-Schema wirkt heute zu Recht vielfach veraltet, zum Teil deshalb, weil es Probleme gibt, die – wie die ökologische Krise – unabhängig von politischen Positionen die ganze Menschheit betreffen. (…)

Auch er sieht eine Verwässerung in der Politik, auch wenn seine Verwässerung ein wenig bunter erscheint. Er stellt aber dennoch eine weitgehende Ununterscheidbarkeit fest.

(…) Vielleicht ist die heutige MITTE ein Karo mit den farbigen Ecken CDU/CSU (schwarz), FDP (gelb), SPD (purpurrot), GRÜNE (hellgrün), eine Art Kartell bürgerlicher Parteien unter Führung der CDU, bei der es dann fast egal ist, wen man wählt, und ob man überhaupt wählt. Die Wahlabstinenz einer Mehrheit der Wahlberechtigten wurzelt nicht zuletzt in dieser weitgehenden Ununterscheidbarkeit. (…)

Professor Buchholz stellt sich die Frage, was „links“ überhaupt ist. Auch bei ihm fällt der Begriff des Neoliberalismus. Ebenso wird der Feminismus wird als Kriterium genannt. Der Artikel zeigt Probleme in der Frage und mögliche Betrachtungsweisen auf.

Beide Artikel versuchen Licht in das Dunkel der Frage nach dem „Links“ zu bringen. Das, was uns die Parteienlandschaft als links präsentiert, ist das, was eben diese Frage aufwirft.