
Dieser Artikel erschien zuerst im Blog Pfützenfische von Gunnar Kunz.
Ich verstehe es nicht
Gunnar Kunz
Ich verstehe nicht, warum aufgeklärte, kritische Menschen eine totalitäre Ideologie wie den herrschenden Feminismus immer noch verharmlosen. Ich verstehe nicht, warum angesichts der jüngsten Entwicklungen kein Schrei der Empörung durch dieses Land geht. Warum hat niemand Angst vor der größten Bedrohung der Demokratie seit Bestehen der Bundesrepublik?1
Sehen wir uns doch mal nüchtern an, was in den letzten Wochen in dieser Hinsicht so alles auf uns eingeprasselt ist. Lassen wir Dinge wie die zunehmende Zerstörung unserer Sprache durch Genderisten, vor allem in Behörden und an Universitäten, mal beiseite. Ebenso die unsägliche Gender Pay Gap-Lüge. Oder die Doppelmoral, mit der zwangsweise eine Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen eingeführt wird, dann aber schnell noch das Gesetz so verändert wird, dass auf gar keinen Fall eine Männerquote in Bereichen, in denen diese unterrepräsentiert sind, damit legitimiert werden kann. Konzentrieren wir uns lediglich auf Entwicklungen, die unmittelbar in unser Privatleben eingreifen, unsere körperliche und seelische Selbstbestimmung bedrohen und die Demokratie auszuhebeln versuchen.
Beginnen wir kurz – wirklich nur kurz – in Amerika, weil bekanntlich alles, was dort geschieht, früher oder später zu uns herüberschwappt. Die Journalistin Sabrina Rubin Erdely berichtete im Rolling Stone über eine angebliche Gruppenvergewaltigung an der Universität von Virginia. An der Uni herrsche ein Klima der Vertuschung, Beweis für die Überzeugung vieler Feministinnen, es gäbe eine sogenannte „Rape Culture“.
Mittlerweile stellt sich heraus, dass das Ganze eine Erfindung des angeblichen Opfers war und Frau Erdely – wie oft in solchen Fällen – nicht mal den Ansatz journalistischer Sorgfalt hat walten lassen. Ihre ganze Story basiert einzig auf den Aussagen des angeblichen Opfers, das übrigens eine Zusammenarbeit mit der Polizei verweigerte. Frau Erdely hat sich weder die Mühe gemacht, andere angeblich Beteiligte zu befragen, geschweige denn die Beschuldigten.
Nun hat sie sich im Rolling Stone für ihre Berichterstattung entschuldigt – auf eine Weise, wie sie nur Feministinnen fertigbringen, nämlich indem sie sich selbst als Hauptopfer inszeniert. Wie „schmerzhaft“ für sie die Erfahrungen der letzten Monate waren, lesen wir da. Dass die Untersuchung ihres Artikels „ein brutales und deprimierendes Erlebnis“ gewesen sei. Und sie entschuldige sich bei ihren Lesern, den Kollegen, der Uni und allen Opfern sexueller Übergriffe, die nun wegen ihres Beitrags Angst hätten. Das war’s. Kein Wort über diejenigen, die im Zuge ihrer Verleumdungen einer Hexenjagd ausgesetzt waren. Ganz zu schweigen von den Männern generell, die sie pauschal als Teil einer „Rape Culture“ verunglimpft.
Und dass niemand auf die Idee kommt, dies sei ein typisch amerikanisches Phänomen. Taz-Chefin Ines Pohl4 findet ebenfalls, dass Erdely das eigentliche Opfer sei.
Das Pikanteste zum Schluss: Ohne in Verschwörungstheorien verfallen zu wollen, aber es scheint Hinweise zu geben, dass die ganze Affäre mit dem Weißen Haus abgestimmt ist, wo Präsident Obama ja seit geraumer Zeit versucht, feministische Positionen durchzudrücken. Wenn man nun die enge Verquickung von feministischen Seilschaften hierzulande mit Politik und Medien bedenkt, dann weiß man, dass so etwas jederzeit auch uns blühen kann.
Vor diesem Hintergrund bekommt der Vorstoß von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), den § 177 Strafgesetzbuch zu „reformieren“, um eine „Schutzlücke“ zu schließen, einen besonders üblen Beigeschmack. Das Vorhaben geht auf Katja Grieger zurück, Geschäftsführerin des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, und hat unter anderem zum Ziel, Geschlechtsverkehr auch dann als Vergewaltigung anzusehen, wenn keine Gewalt angewendet, nicht gedroht oder eine schutzlose Lage ausgenutzt wird. Denn jetzt sollen auch Frauen „geschützt“ werden, die „aus Angst vor dem Täter“ einen Geschlechtsverkehr zulassen, „in Schockstarre“ oder „weil sie dachten, schutzlos zu sein“.
Mit anderen Worten: Was künftig zählt, ist einzig die subjektive Sicht der Frau. Sollte sie nach einem gemeinschaftlichen Beischlaf behaupten, sie habe „nur aus Angst vor dem Mann“ mitgemacht, auch wenn der weder gedroht noch Gewalt angewendet hat – Pech für den Betreffenden. Definitionsmacht, nennt man so was. Es gibt keine objektiven Tatbestände mehr, nach denen geurteilt wird, keine Frage nach der Absicht des „Täters“, und die Unschuldsvermutung, ohnehin in solchen Fällen schon bis zur Bedeutungslosigkeit ausgehöhlt, wird praktisch aufgegeben. Warum im Übrigen die Konstruktion einer „Schutzlücke“ Unsinn ist, erklärt Bundesrichter Thomas Fischer in der Zeit.
Wer sich ein bisschen mit Falschbeschuldigungen auskennt, weiß, was da für eine Lawine auf uns zurollt. Bezeichnenderweise hat es ja nie eine systematische Untersuchung über die Häufigkeit von Falschbeschuldigungen gegeben, weil gerade Feministinnen dies immer zu verhindern wussten. Aber es gibt genügend Anhaltspunkte, die auch dem größten Ignoranten klarmachen müssten, dass sich Falschbeschuldigungen auf jeden Fall im zweistelligen Prozentbereich der Anzeigen bewegen.
Zur gleichen Zeit (zugegeben, das ist schon länger im Gange) versuchen interessierte Kreise aus dem Genderumfeld, an deutschen Schulen eine „Sexualpädagogik der Vielfalt“ zu installieren, in der die Jugendlichen beispielsweise ihre „Lieblingssexualpraktik“ mitteilen oder einen Puff planen sollen und in der ihre Schamgrenze systematisch missachtet wird. Wohlgemerkt: Wir reden hier nicht davon, Heranwachsenden einen offenen Umgang mit Sexualität nahezubringen oder Toleranz zu fördern. Wir reden von einer systematischen Sexualisierung von Kindern. Ist es ein Zufall, dass ausgerechnet die Partei vorn mit dabei ist, die noch immer nicht ihre pädosexuellen Verstrickungen überwunden hat?
Siehe beispielsweise Volker Beck (Grüne), der zum 3. Jahrestag des Kölner Landgerichtsurteils zur Knabenbeschneidung in der „Jüdischen Allgemeinen“ herumsalbadert, wer Beschneidungen bei Jungen verbieten wolle, greife jüdisches Leben in seinem Kern an. Und männliche und weibliche Beschneidung lasse sich nicht vergleichen.2 Das wird die vielen Jungen überall auf der Welt, die infolge dieser barbarischen Praktiken jedes Jahr sterben, freuen zu hören. Die faktenresistente Einstellung von Herrn Beck sollte hingegen niemanden verwundern. Wer an Pädosexualität nichts auszusetzen hat („Entkriminalisierung der Pädosexualität“), findet auch an der Vorstellung, kleine Jungen zu quälen, nichts Schlimmes.
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht am 24. Februar ein Urteil zu den sogenannten Kuckuckskindern gefällt, nämlich dass die Verpflichtung einer Mutter gegenüber dem Scheinvater zur Offenlegung der Identität des biologischen Vaters verfassungswidrig sei. Klar, es muss schließlich gewährleistet bleiben, dass eine Frau auch weiterhin ungestraft einen Mann nach Lust und Laune ausbeuten kann.
Sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die feministische Lobbyistin Susanne Baer, ehemals Direktorin des GenderKompetenzZentrums an der HU Berlin, dessen Aufgabe es ist, das Programm des Gender Mainstreaming in die Praxis umzusetzen, inzwischen Verfassungsrichterin ist und das Urteil mit unterzeichnet hat?
Ach ja, und dann gibt es noch dies: Hessen will Frauenquoten bei Kommunalwahlen einführen, also vorschreiben, wer auf Wahllisten steht und wen man wählen darf. Das hat es bereits in anderen Bundesländern gegeben und wird sicher noch in weiteren versucht werden. Ich kann an dieser Stelle nur wiederholen, was ich schon 2004 geschrieben habe3:
Warum gibt es keine Quotenregelung für Kinder, Arbeitslose, Analphabeten, Muslime und Drogenabhängige? Und wo wir schon dabei sind: Ich fordere eine repräsentative Vertretung schwuler Katholiken mit einer Schwäche für Dieter Bohlen.
Also, noch mal zusammengefasst:
Was haben wir, wenn wir uns lediglich die letzten Wochen angucken? Den Versuch, Rechtsstaatlichkeit im Vergewaltigungsvorwurf abzuschaffen. Den Versuch, Kinder zu sexualisieren. Das Festhalten an der barbarischen Beschneidung von Jungen. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass Frauen Männer auch weiterhin als Zahlesel für Kuckuckskinder missbrauchen dürfen. Unter anderem von einer feministischen Verfassungsrichterin unterschrieben. Den Versuch, Wahlen zu manipulieren.
Fragt sich ernstlich noch jemand, warum ich den herrschenden Staatsfeminismus mit seinen Seilschaften in Politik und Medien für die größte Gefahr unserer Demokratie halte?
1 In meinem Buch „Verwundbar sind wir und ungestüm“ habe ich einige der in den letzten Jahren unternommenen Versuche von Feministinnen, unsere Demokratie auszuhöhlen, aufgezählt und auch an Beispielen gezeigt, warum der real existierende Feminismus einer Psychosekte vergleichbar ist.
2 Siehe hierzu meine Geschichte „Unberührbar“, die auch in „Verwundbar sind wir und ungestüm“ enthalten ist. Derzeit führe ich Interviews mit Betroffenen, die künftig die Geschichte ergänzen sollen.
3 In meinen „Erzählungen aus dem Zwischenraum“, die ansonsten mit der Geschlechterdebatte nichts zu tun haben.
4 Ines Pohl ist mittlerweile nicht mehr taz-Chefin. Sie wechselt zur Deutschen Welle.
Besprechungen des Buches „Verwundbar sind wir und ungestüm„
Buchkritik: Gunnar Kunz – Verwundbar sind wir und ungestüm
Rezension: Gunnar Kunz – Verwundbar sind wir und ungestüm
Blog Comments
Krabbel
3. August 2015 at 16:58
Der Feminismus ist und war schon immer ein Projekt der US-gesteuerten Politiker und Massenmedien. Er ist lediglich ein Instrument, um geopolitische Ziele zu erreichen (z.B. das Bevölkerungswachstum im Zaum zu halten und/oder bestimmte Länder strukturell (Quote, Bevölkerungsstruktur etc) zu schwächen).
Und, es funktioniert hervorragend.
Wolle Pelz
3. August 2015 at 17:18
Damit würden sich die USA allerdings einige Eigentore schießen.
Ich kann nachvollziehen, wenn Feminismus dazu benutzt wird, um Frauen und Männer in Vollzeitarbeit zu bekommen. Feminismus greift eher in der „ersten“ Welt und erst indirekt in der „dritten“ Welt. Dort aber wären Maßnahmen zur Eingrenzung des Bevölkerungswachstums sinnvoller. Feminismus führt in unseren Breitengraden zu niedrigeren Geburtenraten. Diese werden aber ausgeglichen.
Stichwort: Anti-Deutsche und Feminismus.
Ich glaube, es ist komplizierter.
Krabbel
3. August 2015 at 18:40
Fakt ist, dass die Massenmedien nach dem Krieg vom CIA gegründet und finanziert wurden. Seitdem verfolgen sie also eine eigene, versteckte Agenda. Es gilt also immer besonders genau hinzuschauen, wenn die Massenmedien ein Thema besonders einseitig „promoten“. Und das war beim Feminismus über all die Jahre der Fall und ist aktuell z.B. auch bei der Zuwanderungsdebatte oder beim Thema Ukraine/Russland zu beobachten.
Geopolitisch gesehen ist Deutschland ein Konkurrent der USA. An einem starken, autonomen Deutschland, dass sich dann wohlmöglich noch stärker Russland oder China zuwendet, kann die USA kein Interesse haben.
Erst wenn man den Feminismus aus der geopolitischen Brille betrachtet, macht das Verhalten der Politiker und Massenmedien Sinn. Wenn man ein Land schwächen will, ohne einen Krieg zu führen, hetzt man die Menschen/Geschlechter gegeneinander auf, zerstört die nationale Identität und die familiären Werte, reduziert so die Kinderzahlen, erhöht die unkontrollierte Einwanderung etc… Solange die Menschen die Massenmedien für unabhängig halten und ihnen vertrauen, kann man ihnen damit alles mögliche einreden. Gehirnwäsche pur.
Wolle Pelz
3. August 2015 at 18:42
Feminismus ist aber doch nicht nur in Deutschland aktiv.
Die Staaten schwächen sich doch über den Feminismus selbst.
Krabbel
3. August 2015 at 19:08
Zum einen werden viele Länder den Hintergrund des Feminismus nicht durchblicken und zum anderen ist das Bevölkerungswachstum ja tatsächlich ein weltweites Problem. Statt eine Ein-Kind-Politik zu betreiben, hört und fühlt es sich doch viel besser an, wenn man sagt, dass man die Frauen von der Unterdrückung durch die Männer befreien will. Die Geburtenraten danach sind vermutlich vergleichbar.
Deutschland ist mit den geringsten Geburtenquoten weltweit besonders betroffen, weil die Bedingungen nach dem Krieg ideal waren, um diese manipualtiven Medien- und Politikstrukturen zu schaffen. Immerhin durften wir als Laborraten am größten Psycho-Experiment der Nachkriegstzeit teilnehmen…
Gunnar Kunz
20. Juli 2015 at 23:25
An absichtliche Lügen glaube ich nicht. Das geschieht alles mehr oder weniger unbewusst. Schade halt nur, dass viele von denen, die die Fähigkeit zur Selbstreflexion besitzen und im Grunde nur zu gewinnen hätten, es vorziehen, den Kopf in den Sand zu stecken. Von solchen Menschen erwarte ich einfach ein bisschen mehr. Vor allem im geschützten Rahmen eines Privatgesprächs.
elmardiederichs
22. Juli 2015 at 10:57
Na gut, auch diese Erklärung scheint dir nicht zugesagt zu haben. Im Moment fällt mir leider nicht mehr ein.
Gunnar Kunz
19. Juli 2015 at 19:44
Hi Elmar,
dein Argument ist (wenn ich dich richtig verstanden habe), dass meine Beispiele nicht greifen, weil die Menschen sie nicht als Feminismusproblem sehen, sondern ihre Vorurteile ihnen im Weg stehen. Mein Argument ist, wenn ich ihnen aber die Summe an Beispielen vorhalte, müsste doch eigentlich jeder erkennen können, dass es sich um ein grundsätzliches Problem handelt. Ich liege damit falsch, denn offenbar zieht es ja eine nicht gerade kleine Gruppe der Menschheit vor, dies nicht zu bemerken, aber genau deshalb zweifele ich ja auch an ihrem gesunden Menschenverstand.
elmardiederichs
20. Juli 2015 at 12:16
@Gunnar
Ok, lass uns noch mal überlegen: Wir haben eine Erklärung versucht mit Hilfe
a) der Eigenschaften des Feminsmus
b) der Eigenschaften der befragten Männer
c) der Eigenschaften der gestellten Fragen.
Hat aber nicht richtig funktioniert, keiner von uns denkt, daß er die Lösung gefunden hat. Woran wir bisher noch nicht gedacht haben, ist, daß diese Männer dir, der Welt und sich selbst ausgesuchten Unsinn erzählen.
Du kennst das sicher auch, diese Männer, die anderen Männern erzählen, daß, ihre Frau zu treffen, das Beste gewesen sei, was ihnen je passiert ist – da geht mein Lügendetektor ja sofort in den roten Bereich.
All diese Männer der Lüge zu verdächtigen, ist insofern riskant, als wir behaupten, daß es ein Massenphänomen ist, daß die soziale Wirklichkeit drastisch anders beschaffen ist, als wir es bisher annehmen:
i) Denn wenn wir behaupten, die Männer lügen, um sich nicht der von ihnen selbst gelebten Bevorzugung ihrer Frauen stellen zu müssen, und alle ihre sozialen agreements auf der Lüge der Gleichheit beruhen, während sie in Wahrheit zum Nachteil der Männer ausfallen, dann behaupten wir, daß die Frauen in einer ganz anderen Welt leben als wir und wir haben die Wahl diese Frauen für dumm oder für böswillig zu halten.
ii) Zweitens nehmen wir damit an, daß wir selbst die Welt der Frauen weder kennen noch verstehen, denn wir brauchten die Variante des massenhaften Lügens der Männer, um auf die Idee zu kommen, daß die Frauen in einer ganz anderen Welt leben als wir. Und sie ist so anders, daß jeder Mann, der sich diesen Unterschied deutlich und in allen Details vor Augen führt, niemals wieder so oder so weiterleben kann, wie bisher.
Du siehst, der Preis für eine Erklärung steigt …. 😉
Gunnar Kunz
19. Juli 2015 at 16:44
@Elmar
Zwar finde ich deine Interpretation zu den von mir erwähnten Beispielen an manchen Stellen schief – es geht nicht immer um das Gegenteil (niemand will z.B. bei der Rolling Stone-Affäre, dass Vergewaltigungen totgeschwiegen werden, sie sollen nur fair überprüft werden), und der Schluss aus Pro und Contra ist auch nicht: unbedingt „Scheint das nicht etwas Gutes zu sein?“ (z.B. würden auch Feministinnen, von ein paar kranken Ausnahmen abgesehen, nicht unbedingt behaupten, massenhafte Falschbeschuldigungen seien etwas Gutes, sie leugnen nur, dass es die gibt) – aber das sollten wir nicht weiter vertiefen, weil du damit ja nur zum Ausdruck bringen wolltest, dass es um Vorurteile geht, und da stimme ich dir natürlich zu.
Zu deinem Schluss: „Wie kann man dann erwarten, dass Zweifel am Feminismus aufkommen?“ – ganz einfach: aufgrund der simplen Masse der täglich erlebten Gegenbeispiele. Wenn einem unermüdlich A gepredigt wird und man in geballtem Maße B erlebt, dann sollte man irgendwann mal anfangen, nachdenklich zu werden. Ich tue ja in meinem Artikel gerade das, was du vorschlägst: Ich konfrontiere die Leute mit der Realität. Es nützt nur nichts.
Der Feminismus selbst sollte im Fadenkreuz stehen – richtig, volle Übereinstimmung. Das geht, indem man klarstellt (wie deine Beispiele ja auch andeuten), dass die Ideologie des Feminismus’ auf tönernen Füßen steht. Indem man beispielsweise aufzählt, in welchem Ausmaß das Gegenteil von dem geschieht, was propagiert wird. Jeder, der mit Verstand in die Welt blickt, kann sehen, dass dies hier unmöglich ein Patriarchat sein kann.
Das Problem ist, dass der Feminismus mit Zirkelschlüssen und selektiver Wahrnehmung arbeitet: Männer haben die Macht, und Frau Merkel ist kein Gegenbeispiel, weil sie in einer männlichen Welt lebt und deshalb nach den Regeln der Männer spielen muss. Die Statistiken belegen keine Frauenunterdrückung, das ist ja gerade der Beweis, wie perfide die Männer vorgehen, dass man das nicht mal sieht. Und so weiter.
Mir geht es nicht um Feministinnen und ihre Speichellecker. Mir geht es um die Menschen, die noch ihren gesunden Menschenverstand beisammen haben. Und warum die zu einem großen Teil nicht bereit sind wahrzunehmen, dass eine totalitäre Bewegung sich derart in den Machtzentren der Republik breit macht, Grundrechte aushebelt und in ihr tägliches Leben eingreift, das – ich kann es nur wiederholen – verstehe ich nicht.
elmardiederichs
19. Juli 2015 at 18:06
@Gunnar
„Zu deinem Schluss: „Wie kann man dann erwarten, dass Zweifel am Feminismus aufkommen?“ – ganz einfach: aufgrund der simplen Masse der täglich erlebten Gegenbeispiele.“
Na ja .. mein Punkt war gerade, daß es keine Gegenbeispiele sind. Und weil das so ist, nützt es nichts, sie wieder und wieder zu erzählen. Meiner Erfahrung nach gibt es einen Grund, warum Männer sich scheinbar querstellen. Böser Wille ist ein seltenes Phänomen.
Gunnar Kunz
18. Juli 2015 at 19:07
@Elmar: Ach so. Ich hielt nur die Behauptung, 40% aller Männer seien erfolgreich, für bertrieben. Aber ob 40% oder anders spielt für unsere Diskiussion ja sowieso keine Rolle.
elmardiederichs
19. Juli 2015 at 14:40
Gunnar,
ich hab grade noch ne andere Idee.
Lass uns mal was einführen, was man epistemische Rolle nennen könnte. Dafür gebe ich dir einige Beispiele, die andeuten sollen, was ich damit meine:
a) Die Wettervorhersage glaubst du, weil – jedenfalls im Prinzip – ein Meteorologe seine Meßdaten sagen könnte und die Gesetze nennt, nach denen der Wind entsteht oder sich Regel bildet. Im Hintergrund werkelt die Idee, daß es deterministische Naturgesetze gibt, die solche Vorhersagen zulassen. Und wenn du mit einem Meteorologen über seine Vorhersage streiten würdest, dann würdest du es so tun, daß du entweder die Daten bestreitest oder bestreitest, daß die Daten in einem bestimmten Modell verwendet werden könnten oder aber daß das Modell in dem vorliegenden Fall nicht zutrifft. Aber selbst, wenn du dem Meteorologen nachweisen könntest, daß seine Prognose falsch ist, würdest du dashalb nicht auf die Idee kommen, daß sich der Wind nicht aufgrund von Druckunterschieden bildet, die primär auf Temperaturunterschiede zurückzuführen sind. Dieses Verständnis von Wind würde durch falsche Wettervorhersagen gar nicht berührt werden.
b) Wenn Wahlforscher Wahlprognosen abgeben und sie liegen falsch damit, welche Konsequenz ziehst du daraus? Du könntest z.B. sagen, daß der Wahlforscher falsch gerechnet hat, daß seine Stichproben nicht repräsentativ waren oder daß sie eine Gruppe bisher Unentschlossener plötzlich einem bestimmten politischen Lager angeschlossen hat. Und das wäre auch alles vernünftige Reaktionen. Aber was müßte eigentlich passieren, damit du auf die Idee kommst, daß eine Wahlmanipulation vorlag? Oder noch extremer: Was müßte passieren, damit du zwar nicht an eine Wahlmanipulation glaubst, aber auf die Idee kommst, daß die Aggregationsfunktion der individuellen Voten zu einem kollektiven Votum ein falsches design hat, so daß es immer zu Verzerrungen der Stimmungslage kommen muß, obwohl ehrlich gezählt wird? Meiner Meinung nach gibt es kein spezielles empirisches Vorkommnis, daß genau solche und keine anderen Fragen motiviert.
in sum: Die Gesetze der Meteorologie und der Stimmenauszählung werden in diesen Beispielen nicht mit der Realität konfrontiert. Sie können damit konfrontiert werden in – vermutlich – leicht exotischen Testszenarien, aber im Alltag stehen sie nicht zur Debatte. Denn sie haben in den Beispielen eine besondere epistemische Rolle.
Was bringt uns das für die Geschlechterdebatte?
Sehen wir uns die Beispiele aus der gesellschaftlichen Realität an, die du gebracht hast. Was steht da jeweils auf dem Prüfstand – metaphorisch gesprochen natürlich? Hier sind meine Vorschläge über die Intuition, die zur Debatte steht:
1. gender-sprech: JA – alle Geschlechter werden einzeln und damit gleich öffentlich hervorgehoben, NEIN – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
2. gender pay gap: JA, ist ein Problem, denn warum sollte das Geschlecht zu einem geringeren Verdienst führen? NEIN – das Gegenteil: Und? Scheint das nicht was Schlechtes zu sein?
3. Frauenquote: JA – das Geschlecht sollte keine Rolle spielen im Beruf, NEIN – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
4. Rolling Stone Affaire: NEIN – Ist kein Problem, Vergewaltigung sollte nicht totgeschwiegen werden, auch wenn es im Einzelfall schief geht, JA – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
5. Revision des Vergewaltigungsparagraphen: JA – Frauen, die starr vor Angst sind, sind nicht wengier wert, als alles anderen, NEIN – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
6. Falschbeschduldigung: NEIN – ist kein Problem, warum sollten Frauen sich das massenhaft ausdenken? Massenhafte Unehrlichkeit ist unglaubwürdig, JA – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
7. pädophile Sexualpädagogik: JA – diejenigen mit abweichende sexuellen Präferenzen sollen auch eine Chance bekommen, die anderen gehören sowieso zur Mehrheit, es wird ihnen schon nicht schaden, auch mal was anderes zu sehen, NEIN – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
8. Rechtlosigkeit des Vaters: NEIN – man kann einem Kind nicht die Mutter nehmen, das Kind würde einen irreparablen Entwicklungsschaden nehmen und das ist nicht gut. JA – das Gegenteil. Und? Scheint das nicht was Gutes zu sein?
Was ich zu demonstrieren versuche, ist, daß nirgendwo der Feminismus, sondern ein Vorurteil zu einer konkreten Sachfrage zur Debatte steht. Und wenn es so ist, wie kann man dann erwarten, daß solche Diskussionen Zweifel am Feminismus wecken? Aus diesem Grund sind Diskussionen mit Feministen auch sinnlos, da im wesentlichen Stellvertreterkonflikte beackert werden.
Wenn das stimmt, was ich sage, dann müssen wir eine Testmgebung erzeugen, in der der Feminismus selbst im Fadenkreuz steht. Und entgehen der üblichen Ansicht, daß Feminismus undefinierbar sei, geht das natürlich sehr wohl. Ich mach das mal vor:
I. Nimm z.B. die feministische Sozialtheorie ( = das Patriarchat als Frauen mit Hilfe von Geschlechterrollen unterdrückendes Machtsystem, der Anspruch, die Gesellschaft zu revolutionieren, die Sichtweise auf alles Männliche als Norm, während die Frauen marginalisiert werden, die Existenz von Privilegien für die soziale Klasse der Männer, der Zweifel, ob von Männern jemals etwas Gutes zu erwarten sei).
Eine Folge davon ist das Duluth-Modell, nach der der Mann die einzig wesentliche Quelle der Gewalt ist. Dieses Modell ist in Politik, Justiz und Gesetzgebung omnipräsent und dennoch vielfältig wiederlegt.
II. NImm z.B. das im Feminismus immer präsente, aber zur traditionellen Geschlechterrolle gehörende Paradigma der hypoacency ( = alle Initivative geht vom Mann aus, der Frau widerfäht nur alles und sie ist für nichts verantwortlich)
Feminismus stünde auf dem Prüfstand, wenn wir ein präzise Vorstellung hätte, wie Beziehungsgewalt entsteht und wer dann welche moralische Verantwortung dafür zu tragen hat. Im Feminismus heißt es ja nicht nur, daß alle Gewalt vom Mann ausgeht, sondern daß er sich auch frei dafür entscheidet und quasi aus dem Nichts heraus über die Frau herfälllt. Natürlich ist das Gegenteil der Fall, Gewalt ist fast immer Beziehungsgewalt und sie entsteht aus einer Dynamik heraus. Aber keiner untersucht das.
Ok, ich denke, die Idee ist klar geworden: Feminismus kann als Ideologie enttarnt werden – aber eben nicht irgendwie, nicht mit beliebigen Mitteln.
Gunnar Kunz
18. Juli 2015 at 00:28
@derdiebuchstabenzählt: Auch wieder wahr! 🙂
@kardamom: Stimmt, habe ich auch schon beobachtet. Gibt’s übrigens auch in großem Stil: Ich gucke/höre ganz gern Kabarett, gelegentlich auch mal Comedy, und da werden die Witze ja meist auf Kosten der Männer gemacht. Wenn doch mal ein Witz zu Lasten der Frauen geht, setzt der Erzähler garantiert sofort anschließend noch einen drauf, der gegen Männer geht. Damit die Welt für alle in Ordnung bleibt. Die Leute wissen halt, dass Theaterbesuche in der Regel von Frauen initiiert werden.
@Elmar: (Dein letztes Posting war vorhin noch nicht da, als ich das letzte Mal hier geantwortet hatte) Da ist auf jeden Fall etwas dran! Gruppe 1 gibt’s definitiv so (vielleicht nicht in so hoher Prozentzahl). Gruppe 2 auch. Und beide Gruppen brauchen offenbar die Bestätigung ihres Selbstwertgefühls durch Frauen. Traurig. Gruppe 3 sind die, die aus welchen Gründen auch immer wach geworden sind.
elmardiederichs
18. Juli 2015 at 09:11
Gunnar,
die Prozentangaben aus meinem letzten Post sind keine Schätzungen von mir, sondern stammen aus Buch von Arne Hoffmann:
„Eine Frage der Größe: Wie oft Männer an Sex denken. Und andere Fragen, die Sie noch nie zu stellen wagten“ von Arne Hoffmann (Heyne, 2010)
Dort heißt es sinngemäß: Generell ist die Häufigkeit sämtlicher sexueller Begegnungen unter allen Männern nicht einmal annähernd gleich verteilt. So sind 15 Prozent von ihnen für die Hälfte aller sexuellen Aktivitäten und 40 Prozent der Männer für 85 Prozent allen Herumgevögels verantwortlich. 20 Prozent aller Männer hingegen geben an, im vergangenen Jahr überhaupt keinen Sex gehabt zu haben.
Zusätzlich muß man wissen, daß 5-10% aller Frauen (aus unterschiedlichen Gründen) keine Sexualität ausüben.
kardamom
17. Juli 2015 at 20:33
…aus Diskussionen im Freundeskreis kenne ich noch ein weiteres Element. Männer trauen sich nicht mehr, Frauen zu widersprechen.
Beispiel. Nettes Beisammensein von alten Bekannten. Irgendwann fällt das Reizwort „Kopftuch“. Alt-Feministin Lucy kommt sofort mit dem Stereotyp: „Kopftuch ist Ausdruck tiefster patriarchaler Unterdrückung!“ Meinereiner, welcher oft genug im türkisch-kurdisch-syrischen herumgekommen ist, hält einfach und knapp entgegen. „Nein, das stimmt so nicht. Diese Aussage ist falsch!“
Boah, wenn Blicke töten könnten. Ein Kerl, der einer Frau widerspricht! Und bei den anwesenden Männern sah man, wie sich die Köpfe zwischen die Schultern zu ducken versuchten.
Das ging ja schon fast in die Richtung: „Eine Frau schlägt man nicht!“
Achtet bei Gelegenheit mal darauf, wie unterschiedlich Männer in Diskussionen widersprechen, je nach dem, ob sie einer Frau oder einem Mann widersprechen…
Und achtet mal darauf, wie die, denen widersprochen wurde, reagieren. Ein Mann, dem ein „Nein!“ entgegen gebracht wird, stellt sich der Argumentation. Eine Frau, der ein „Nein!“ entgegen gebracht wird, reagiert als erstes empört/verstört/beleidigt/verletzt/ge-rape-cultured.
Es mag Ausnahmen geben. Aber die grosse Mehrheit… Achtet einfach mal drauf… Männer, achtet mal drauf, wie einfach oder wie schwer euch ein „Nein!“ gelingt in Abhängigkeit des Geschlechtes eures jeweiligen Gegenübers…
Wolle Pelz
18. Juli 2015 at 14:34
ge-rape-cultured – Wird ab sofort in mein persönliches Wörterbuch aufgenommen.
Mir ist es mal bei einer Veranstaltung der Linken aufgefallen. Dort haben sich die Männer immer durch Blicke Bestätigung bei einer extrem keifenden, nicht argumentierenden Frau gesucht. Die Frau kam ohne jedes Argument aus und diskutierte auf dem Niveau „Ach manno! Wenn ich als Frau das sage, dann stimmt das auch!“ Die Männer eilten ihr zuhilfe und suchten immer Blickontakt, um ein wenig „Lob per Blick“ einzusacken. Es war widerlich.
Gunnar Kunz
17. Juli 2015 at 18:16
@enailu: Dass Menschen, die von den Medien stets nur ein bestimmtes Bild vermittelt bekommen, zunächst mal einen Anstoß brauchen, um sich tiefer mit dem Thema zu beschäftigen, ist sicher richtig.
@derdiebuchsabenzählt: Dass Männer von Natur aus dumm sind, glaube ich nun wieder nicht (war sicher von dir auch nur provokativ gemeint).
Was allerdings eine Rolle spielen dürfte, ist, dass Männer während ihrer prägenden frühen Lebensjahre von Frauen aufgezogen werden. Ich habe das in meiner Geschichte „Stell dir vor“ (auch in „Verwundbar …“ enthalten) näher ausgeführt: Männer lernen früh, sich mit weiblichen Augen zu sehen, mit weiblichen Maßstäben zu messen und weibliche Urteile über sich zu fällen. Hinzu kommt, dass sie in frühester Kindheit die Erfahrung machen, existentiell abhängig zu sein von einer Person des anderen Geschlechts. Sich aus dieser emotionalen Abhängigkeit zu lösen, ist nicht einfach. Deshalb reden viele Männer Frauen nach dem Mund oder brauchen Frauen, um sich selbst zu bestätigen: als Mann, Mensch und Individuum.
Trotzdem denke ich, wenn man mit der Nase auf etwas gestoßen wird, zum Beispiel durch so einen Artikel wie „Ich verstehe es nicht“, der ja mit Verlinkungen und Quellen arbeitet, dann kann es doch eigentlich nur drei Reaktionen geben: 1) „Das habe ich ja gar nicht gewusst, ist ja furchtbar.“ 2) „Das glaube ich nicht!“ mit anschließender Recherche und vielleicht einer fruchtbaren Diskussion. 3) „Das Thema interessiert mich nicht.“ Warum Menschen 4) befremdet gucken nach dem Motto: „Was für obskure Ansichten vertrittst du denn?“, ohne auf die Argumente einzugehen, entzieht sich meinem Verständnis.
derdiebuchstabenzaehlt
17. Juli 2015 at 19:11
@ Gunnar Kunz
Provokant? Auch, ja. Ansonsten würde ich mit einem meiner Lieblingsphilosophen antworten: „Dumm ist der, der Dummes tut.“ – (nach Forrest Gump „Stupid is as stupid does.“)
derdiebuchstabenzaehlt
17. Juli 2015 at 02:42
„Und das verstehe ich nicht.“
Vielleicht sind die einfach nur dumm? … Ja, sind Männer blöde?
Wolle Pelz
17. Juli 2015 at 13:28
Ich konstruiere mich gerade zum Teletubbie um. Daher kann ich schonmal nicht gemeint sein.
Es lebe das Gender Mainstreaming! Ach ne, „Gender“ heißt doch Frauen- und nicht Teletubbie-Förderung.
Ist dasselbe?
Wer sagt denn sowas Freches! 😀
Gunnar Kunz
17. Juli 2015 at 00:10
Hallo Elmar,
ich bin in vielen Dingen deiner Meinung, es erklärt für mich aber trotzdem nicht die Blindheit derjenigen, die gar nicht Teil der feministischen Bewegung sind und insofern keinen Grund haben, in einer Abwehrhaltung alles zu ignorieren, was nicht in ihr Weltbild passt.
Natürlich ist mir klar, dass jahrzehntelange Propaganda ihre Wirkung tut. Ebenso ein althergebrachtes Geschlechterbild, das es Frauen ermöglicht, sich als ewig unschuldiges Opfer zu fühlen, und Männer, sich als Weiße Ritter aufzuspielen.
Ich verstehe auch Angst. Angst vor den Konsequenzen, wenn man sich gegen das Establishment stellt, vor Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust der Kinder, Anfeindungen und dergleichen.
Was ich nicht verstehe, sind aufgeklärte Menschen im Freundes- und Bekanntenkreis, die nichts zu verlieren haben und sonst auch alles kritisch hinterfragen, sobald es jedoch um Geschlechterthemen geht, zufrieden sind, die herrschende Meinung wiederzugeben. Und nicht aufhorchen angesichts der immer absurderen Entwicklungen, der immer abstruseren Sprachvorschriften, der Diskussionen über Straßennamen und Ampelfarben und der Inszenierung von Pseudoproblemen, während es in Wahrheit an allen Ecken brennt.
Vor zwanzig Jahren hat man sich vielleicht noch einreden können, dass das Ausnahmeerscheinungen sind, die deswegen nicht die ganze Bewegung diskreditieren, aber doch heute nicht mehr. Wenn man mitbekommt, dass diejenigen, die Quoten fordern, damit Frauen in Berufe kommen, in denen sie unterrepräsentiert sind, empört ein entsprechendes Gesetz umschreiben lassen, weil es auch Männern die gleichen Rechte geben würde, dann muss man doch endlich mal aufwachen!
Es muss einem doch auffallen, dass hier ständig mit zweierlei Maß gemessen wird. Es muss einem doch auffallen, mit welcher Verachtung in diesem Land über Männer geredet wird. Es muss einem doch auffallen, dass man keine Talkshow mehr sehen, keine Zeitung mehr aufschlagen kann, ohne dass einem als Mann ins Gesicht gespuckt wird. Und selbst wenn man Angst hat, dieses offen zu sagen – wenigstens im privaten Kreis sollte doch zumindest ein nachdenkliches Nicken möglich sein. Mehr verlange ich ja für den Anfang nicht. Aber selbst das ist scheinbar nicht möglich.
Und das verstehe ich nicht.
enailu
17. Juli 2015 at 16:16
Gunnar,
ich glaube es liegt teilweise daran, dass die Leute keinen Blick dafür haben. Sie sehen die Zusammenhänge nicht. Erst wenn sie aufgeklärt werden. Mir ging es genauso, bis Elmar mir alles erklärt hat. Ich habe die Probleme der Männer nicht gesehen, weil es für mich normal war. Seit ich aber im Netz viel über maskulistische Themen lese usw. fallen mir die Diskriminierungen in Filmen und im öffentlichen Leben auf. Warum dann Leute, wenn sie aufgeklärt wurden, immer noch die Schultern zucken oder das Thema ignorieren weiß ich leider auch nicht. 🙁
elmardiederichs
17. Juli 2015 at 21:44
Ok, wenn wir keine Erklärung für die Phänomene finden mit Hilfe der Eigenschaften des Feminismus, dann könnte man ja vielleicht eine Erklärung finden mit Hilfe der Eigenschaften der Männer.
Denken wir uns daher einen von dir beschriebenen Mann. Was wissen wir über ihn? Wir wissen, daß er mit einer Wahrscheinlichkeit von 40% (Gruppe 1) regelmäßig und mit mehreren Frauen Sex hat und mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% (Gruppe 2) nur gelegentlich. Weiter wissen wir aus den systematischen Partnerwahlkriterien von Frauen, daß die Männer der ersten Gruppe erfolgreich sind und daher wenig Zeit haben.
Wie wäre folgendes:
Die Männer aus Gruppe 1 sind dermaßen beschäftigt damit, im Beruf erfolgreich, gebildet, ein interessantes Leben zu haben und Frauen durchzuvögeln, daß sie nicht dazu kommen, sich mit Feminismus zu beschäftigen. Sie haben daher keine Ahnung und können nicht glauben, daß das alles so schlimm und weitreichend ist. Und sie haben Frauen und daher keine Notwendigkeit über das Geschlechterverhältnis tiefer nachzudenken und dabei auf Feminismus zu stoßen.
Die Männer aus der 2. Gruppe aber haben keine Frauen und daher Grund genug, über das Geschlechterverhältnis nachzudenken und dabei auf Feminismus zu stoßen, aber sie haben Angst, daß Kritik an Frauen oder Feminismus ihnen die letzte Chance auf eine Frau nimmt. Daher lügen diese Männer, daß sich die Balken biegen. Denn ihre eigenen Interessen sind ihnen näher als die Interessen ihrer sozialen Gruppe.
elmardiederichs
16. Juli 2015 at 20:21
„Ich verstehe nicht, warum angesichts der jüngsten Entwicklungen kein Schrei der Empörung durch dieses Land geht.“
Es gibt mehrere, offensichtliche Faktoren, die zu einer Erklärung beitragen. Wie sie das tun, weiß ich leider nicht:
1. Propaganda: Einerseits sind eine Menge Fehlinformationen über Feminismus unterwegs, da wird absichtlich über Feminismus gelogen, weil es politische Vorteile bringt und daher gerechtfertigt erscheint – angefangen bei der Aussage, daß schon Feminist sei, wer der Meinung sei, beide Geschlechter seien gleich. (In Wahrheit ist der Feminismus eine recht anspruchsvolle Theorie.) Andererseits versteckt sich der Feminismus auch hinter einen nirgends klar definierten Vokabular, daß zu entschlüsseln, eine Menge Arbeit macht. Nicht wenigen reißt da schnell der Geduldsfaden. Das gilt übrigens auch für Feministen, die in weiten Teilen von feministischer Theorie keine Ahnung haben und lieber an der herrschenden, feministische Praxis teilnehmen, als differenziert über die Grenzen der Begründbarkeit ihrer eigenen Ideologie nachzudenken.
2. Feminismus als vermeindlich Hilfe bei unlösbaren Fragen: Feministische Behauptungen zu widerlegen, ist in sich schwierig, weil Feminismus eine drastisch vereinfachende Theorie über vielen komplexe oder dynamische Sachverhalte unserer sozialen Welt ist: Die Wahrheit über z.B. die Entstehung von Geschlechterungleichheiten zu finden, ist nicht einfach und gelegentlich rätselt die feminismusunabhängige Wissenschaft noch darüber. Doch der Feminismus kommt her und sagt: „Leute, alles ganz einfach, die Männer sind Schweine und die Frauen unterdrückt.“. Dabei werden hier in Wahrheit die wahren Ursachen an sich inkompatibler Fälle wie Partnerwahl, Berufswahl, Sexleben oder Selbstvertrauen der Geschlechter verschleiert und ungerechtfertigter Weise über einen Kamm geschoren: Feminismus kann man also nur dann wiederlegen, wenn man viel weiß, viel nachdenkt und die Wahrheit unter einem Berg von Halbwissen hervorklaubt. Genau das nutzen viele Ideologien aus, der Biologismus macht dasselbe. Beide Ansätze retten den user vor Probleme, die er sonst nicht lösen könnte und vor Fragen, die, blieben sie offen, Hilflosigkeit erzeugen würden.
3. Feministische Theorien sind metaphyische Theorien: Damit ist gemeint, daß sie eine alternative Sicht einzelner sozialer Situationen, einzelner Bruchstücke der Welt anbieten, die sie umdeuten im Sinne einer „Wie ist das alles beschaffen und warum ist es nicht anders“-Perspektive. Wenn z.B. eine Frau sagt, daß sie gerne zu Hause bleibt und ihre Kinder großzieht und verwöhnt, so wird von Feministen geltend gemacht, daß dies die Folge psychologischer Indoktrination durch das Patriarchat sei. Damit entzieht sich Feminismus systematisch einer empirischen Überprüfung durch Daten, da er gewissermaßen seine Daten selbst mitbringt, sie selbst erzeugt, indem er alte Daten für unwirklich und täuschend erklärt. Metaphysische Theorien kann man nicht angreifen, indem man irgendwelche biologischen Studien herbeizerrt, denn feministische Wirklichkeitserzeugung sitzt bereits im Boot, wenn der Biologie seine Probanden anschreibt, einlädt, seine Versuche plant, auswertet und mit anderen Theorien in Zusammenhang zu bringen versucht. Metaphysische und damit feministische Theorien sind einfach keine empirischen Theorien, die man a la Popper falsifizieren kann, sie müssen vielmehr durch begriffliche Analyse in ihren Widersprüchen enttarnt und ihre Verheißungen als Unsinn verabschiedet werden. Das ist keine leichte Aufgabe und nichts für den Alltagsverstand.
4. Eine Frage der Moral: Es ist nicht egal, welchen Feminismus man zu widerlegen versucht. Denken wir mal an die zweite Welle des Feminismus. Er war kaum bekämpfbar, weil Feminismus zugleich ein Kampf gegen das Establishment war, d.h. Antifeminismus galt politisch als reaktionär und die entsprechende geistige Betätigung hatte starke moralische Urteile gegen sich. Denken wir nun an die dritte Welle. Sie ist poststrukturalistisch und bedient sich der Idee, daß die Unterscheidung zwischen wahr und falsch nicht mehr sinnvoll ist und anstelledessen allein die moralischste Position zu finden, die beste aller Lösungen zu haben, sichert. Und Feminismus beansprucht ja die Alleinherrschaft über die moralisch richtige Seite: Wer für Gleichheit ist, ist angeblich bereits Feminist und niemand wird je gegen Gleichheit sein. Das ist eine Form der trivialen Richtigkeit in Sachen Moral, die Feminismus unausweichlich macht. Man meint daher nur über den richtigen Feminismus streiten zu können, aber der Feminismus entzieht sich auf diese Weise der Notwendigkeit, seinen politischen Führungsanspruch eigens rechtfertigen zu müssen. Die Folge ist, daß neben einer Metaphysikkritik nur eine Diskussion über die richtige Moral und die Kompatibilität des Feminismus wirklich einen antifeministischen Effekt haben können und diese Diskussion wird einfach nicht geführt. Das liegt nicht nur an einem dumm-dreist verbohrten Biologismus, der im Grunde selbst eine Metaphysik etabliert, sondern auch daran, weil wir heute in einer Ära des Postkolonialismus einem moralischen Relativismus zuneigen, den abzusteifen, gefährlich und inhuman erscheint: Niemand will sich aufschwingen und irgendwelchen Eingeboren heute Unzivilisiertheit oder Rückstündigkeit bescheinigen: Sie sind nur anders als wir – auch denn, wenn sie Geister und Schamen glauben. Es ist daher im Grunde unsere eigene moralische Unfähigkeit, die uns ein scheinbarer Moral unmoralisch passiv gegenüber dem Feminismus erstarren läßt. Daher muß Antifeminismus immer auch eine humanistische Position implizieren. Beides wird nirgendwo gesehen.
5. Soziale Gewohnheiten: Feminismus setzt alte Geschlechterrollem fort, die Frau ist das wertvolle, zu beschützende Opfer, der Inbegriff barmherziger Humanität und der Mann, der böse, wilde Unhold, dessen Primitivität die Probleme de Welt verursacht. Und insofern es nichts Neues ist, bedeutet Antifeminismus nicht nur gegen Feminismus zu sein, er bedeutet auch, bisherige soziale, moralische und psychologische Orientierungen umzuwerfen und erneuern zu müssen. In diesem Sinne ist Antfeminismus viel schwieriger und aufwendiger als Feminismus. Bei Feminismus kann man eigentlich gleich mitreden, man kapiert sofort worum es geht und kann die Dividende der sozialen Erwünschtheit auch dann einstreichen, wenn das feministische Vokabular noch nicht richtig sitzt. Antifeminismus hingegen bedeutet erst mal, sich mit jeden anlegen und jedem alles erklären zu müssen, was in persönlicher Hinsicht eine ehct Hürde ist. Feministischer Mitläufer zu sein, ist daher ein oft vorkommender Fall. Antifeministische Mitläufer kann es eo ipso nicht geben. Und dieser Effekt allein übt einen bedeutenden Druck auf die öffentliche Meinung aus.
6. Institutioneller Feminismus: Staatsfeminismus und Feministen in den Medien üben einen bedeutenden Druck auf die Politik aus, sich feministisch konform zu verhalten. Und keine Demokratie kann auf Dauer gegen einen bürokratischen Widerstand und den mainstream in den Medien anregieren. Wenn aber die Medien die Politik dann zu Wort kommen lassen, dann kommen deren Reden und Standpunkte folglich in feminstischem Gewand daher – was uns politischen Laien ebenfalls klarmacht, was der state-of-the-art ist. Und das ist was Neues, denn dieses Mal geht es weder um Moral oder Metaphysik, sondern um die Steuerung der Welt zum Wohle aller, damit alle glücklich sind. Das ist eine Sache, die die meisten Leute respektieren, eine empirische Sache, gegen die man nicht angehen kann und will und die viele schlucken, einfach weil sie ihre Mitmenschen nicht unglücklich machen wollen und sich gern mal zurücknehmen. Vor allem bei Männern spielt das eine große Rolle.
Insgesamt gibt es vermutlich nicht den einen Grund, warum Feminismus dominiert, weil er – wie damals der Nationalsozialismus – aus dem verschlungenden Dickicht des kollektiven Bewußtseinszustandes und seiner Wissenspfeiler emporwächst. Gender mainstreaming ist eine feministische top-down-Initiative, Feminismus ist es nicht: Feminismus ist mehr ein Hemiphärenphänomen auf dem Kortex unserer Kultur. Und aus diesem Grund halte ich nur eine allgemeine Aufklärungsbewegung für fähig, dem Feminismus auf Dauer den Strom abzustellen.